15.11.2011

Diplomat als Arbeitgeber: Arbeitnehmer können Ansprüche während der Immunität nicht gerichtlich durchsetzen

Wer bei einem Diplomaten beschäftigt ist (hier: als Hausangestellte), kann Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis gegen den Arbeitgeber während der Dauer von dessen Immunität nicht gerichtlich durchsetzen. Eine Klage gegen den Arbeitgeber ist in dieser Zeit daher auch bei schweren Rechtsverletzungen unzulässig. Der Anspruch selbst wird durch die Immunität allerdings nicht beeinträchtigt. Er kann lediglich zeitweise nicht geltend gemacht werden.

LAG Berlin-Brandenburg 9.11.2011, 17 Sa 1468/11
Der Sachverhalt:
Die Klägerin war bei dem beklagten Diplomaten als Hausangestellte beschäftigt. Sie behauptete, dass sie an sieben Tagen in der Woche bis zu 20 Stunden am Tag hätte arbeiten müssen, ohne dass die vereinbarte Vergütung, Unterkunft und Verpflegung gezahlt bzw. gewährt worden sei. Hierbei sei es ständig zu körperlichen Misshandlungen und Erniedrigungen gekommen.

Mit ihrer Klage nahm die Klägerin den Beklagten wegen "ausbeuterischer Beschäftigung" auf Zahlung eines Geldbetrags in Anspruch. Der Beklagte bestritt die Vorwürfe und berief sich zudem auf seine Immunität vor gerichtlicher Inanspruchnahme. Sowohl das Arbeitsgericht als auch das LAG wiesen die Klage ab. Das LAG ließ allerdings die Revision zum BAG zu.

Die Gründe:
Die Klage ist bereits unzulässig. Nach § 18 GVG genießen Diplomaten Immunität von der deutschen Zivilgerichtsbarkeit. Sie können daher während der Dauer der Immunität nicht gerichtlich in Anspruch genommen werden. Das gilt selbst bei - tatsächlich oder angeblich - schweren Rechtsverletzungen.

Die Diplomatenimmunität ist seit langem völkerrechtlich anerkannt und unverzichtbar für die Pflege und Sicherung der zwischenstaatlichen Beziehungen. Jede Beeinträchtigung der Diplomatenimmunität gefährdet die diplomatischen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland, an deren Sicherung ein überragendes Gemeinwohlinteresse besteht. Einem Missbrauch der Immunität kann deshalb nur mit diplomatischen Mitteln begegnet werden.

Die Diplomatenimmunität ist auch mit höherrangigem Recht vereinbar. Hierin liegt weder ein Eingriff in das grundrechtlich geschützte Eigentum (Art. 14 GG) noch wird das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) verletzt. Der gegen den Diplomaten gerichtete Anspruch wird durch die Immunität nicht beeinträchtigt. Er kann lediglich während der Immunität nicht im Inland geltend gemacht werden. Dies ist im Interesse ungestörter diplomatischer Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland hinzunehmen.

LAG Berlin-Brandenburg PM Nr. 45 vom 9.11.2011
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