18.03.2016

Ein Grundstückserwerb durch eine Wohnungseigentümergemeinschaft ist grundsätzlich möglich

Wohnungseigentümer können grundsätzlich den Erwerb eines Grundstücks durch die Wohnungseigentümergemeinschaft als (teils)rechtsfähigen Verband beschließen; allerdings muss der Erwerb einer ordnungsmäßigen Verwaltung entsprechen. Eine Baulast, mit der ein Grundstückseigentümer den nach öffentlichem Recht erforderlichen Stellplatznachweis erfüllt, gewährt den Wohnungseigentümern als Begünstigte jedoch weder einen Nutzungsanspruch noch verpflichtete sie den Grundstückseigentümer, die Nutzung zu dulden.

BGH 18.3.2016, V ZR 75/15
Der Sachverhalt:
Bei den Parteien handelte es sich um Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Auf dem Grundstück der aus 31 Wohneinheiten bestehenden Wohnanlage befinden sich nur sechs Pkw-Stellplätze. Diese hatte die teilende Grundstückseigentümerin in der Teilungserklärung aus dem Jahr 1982 den Wohnungen Nr. 26 bis 31 zugeordnet. Den Wohnungen Nr. 1 bis 25 hatte sie jeweils einen Pkw-Stellplatz auf dem - damals in ihrem Eigentum stehenden - Nachbargrundstück zugeordnet und sich durch eine Baulast öffentlich-rechtlich verpflichtet, die Stellplätze der Wohnungseigentümergemeinschaft zur Verfügung zu stellen. Seitdem werden die Stellplätze durch die Wohnungseigentümer genutzt.

Später wechselte die Eigentümerin des Nachbargrundstücks. Die neue Eigentümerin widersetzte sich einer weiteren unentgeltlichen Nutzung des Grundstücks und bot den Abschluss eines Mietvertrages oder den Kauf des Grundstücks an. Daraufhin beschlossen die Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit den Erwerb des Nachbargrundstücks durch die Wohnungseigentümergemeinschaft. Der Kaufpreis sollte max. 75.000 € betragen und i.H.v. 15% von allen Eigentümern nach Wohneinheiten und zu 85% von den Eigentümern der Wohnungen 1 bis 25 als Nutzer der Stellplätze getragen werden.

AG und LG wiesen die hiergegen von einer Wohnungseigentümerin erhobene Anfechtungsklage ab. Auch die Revision der Klägerin blieb vor dem BGH erfolglos.

Die Gründe:
Die Beschlüsse der Wohnungseigentümer über den Grundstückserwerb und die Kostenverteilung waren nicht zu beanstanden. Den Wohnungseigentümern fehlte insbesondere nicht die erforderliche Beschlusskompetenz. Sie können grundsätzlich den Erwerb eines Grundstücks durch die Wohnungseigentümergemeinschaft als (teils)rechtsfähigen Verband beschließen.

Der Erwerb des Nachbargrundstücks durch die Wohnungseigentümergemeinschaft entsprach auch einer ordnungsmäßigen Verwaltung, da das Grundstück für die Wohnungseigentumsanlage von Beginn an eine dienende und auf Dauer angelegte Funktion hatte und diese mit dem Erwerb aufrechterhalten werden sollte. Die benachbarte Fläche diente seit Errichtung der Wohnungseigentumsanlage als Parkplatz und - über die Baulast - zugleich der Erfüllung des nach öffentlichem Recht erforderlichen Stellplatznachweises.

Allerdings gewährte die Baulast den Wohnungseigentümern als Begünstigten weder einen Nutzungsanspruch noch verpflichtete sie die Grundstückseigentümerin, die Nutzung zu dulden. Wenn sich die Wohnungseigentümer vor diesem Hintergrund zur Schaffung einer klaren Rechtsgrundlage für den Erwerb des Nachbargrundstücks durch die Wohnungseigentümergemeinschaft entschieden haben, entsprach dies ordnungsmäßiger Verwaltung. Auch der gewählte Kostenverteilungsschlüssel, der sich an dem Nutzungsvorteil für den jeweiligen Wohnungseigentümer orientierte, war nicht zu beanstanden.

Linkhinweise:

  • Der Volltext dieser Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BGH klicken Sie bitte hier.
BGH PM Nr. 59 vom 18.3.2016
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