02.02.2018

Einkünfte aus ruhendem Gewerbebetrieb

Einkünfte aus ruhendem Gewerbebetrieb stellen originär gewerbliche Einkünfte dar. Ruht der Gewerbebetrieb einer Personengesellschaft, kann diese schon deshalb keine gewerblich geprägte Gesellschaft i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG sein. 

Kurzbesprechung
BFH v. 9.11.2017 - IV R 37/14

EStG § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 2, § 16 Abs. 3b, § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3, § 52 Abs. 34 Satz 9
AO § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a

Ist die entfaltete Tätigkeit - isoliert betrachtet - den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) zuzuordnen, so sind die daraus resultierenden Einkünfte nach § 21 Abs. 3 EStG gleichwohl als gewerbliche Einkünfte zu qualifizieren, wenn das vermietete Vermögen dem Betriebsvermögen eines Gewerbebetriebs zuzuordnen ist.

Ist ein Gewerbebetrieb (noch) nicht aufgegeben, sondern nur unterbrochen, so sind die auf Grundlage dieses ruhenden Gewerbebetriebs erzielten Einkünfte solche aus Gewerbebetrieb. Eine Betriebsaufgabe liegt vor, wenn die bisher im Betrieb entfaltete Tätigkeit aufgrund eines Entschlusses des Steuerpflichtigen, den Betrieb aufzugeben, endgültig eingestellt wird, alle wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang, d.h. innerhalb kurzer Zeit, entweder insgesamt klar und eindeutig, äußerlich erkennbar in das Privatvermögen überführt bzw. anderen betriebsfremden Zwecken zugeführt oder insgesamt einzeln an verschiedene Erwerber veräußert oder teilweise veräußert und teilweise in das Privatvermögen überführt werden und dadurch der Betrieb als selbständiger Organismus des Wirtschaftslebens zu bestehen aufhört.

Stellt ein Unternehmen seine werbende gewerbliche Tätigkeit ein, so liegt darin nicht notwendigerweise eine Betriebsaufgabe. Die Einstellung kann auch nur als Betriebsunterbrechung zu beurteilen sein, die den Fortbestand des Betriebs unberührt lässt. Die Betriebsunterbrechung kann darin bestehen, dass der Betriebsinhaber die wesentlichen Betriebsgrundlagen - in der Regel einheitlich an einen anderen Unternehmer - verpachtet oder darin, dass er die gewerbliche Tätigkeit ruhen lässt. Wird in diesen Fällen die Betriebsaufgabe nicht eindeutig gegenüber dem Finanzamt erklärt, so geht die Rechtsprechung davon aus, dass die Absicht besteht, den unterbrochenen Betrieb künftig wieder aufzunehmen, sofern die Fortsetzung des Betriebs mit den zurückbehaltenen Wirtschaftsgütern objektiv möglich ist.

Die Annahme einer Betriebsunterbrechung und damit auch eines nur ruhenden Gewerbebetriebs ist hingegen ausgeschlossen, wenn der Unternehmer seine werbende Tätigkeit einstellt und keine wesentlichen Betriebsgrundlagen mehr vorhanden sind, die einem später identitätswahrend fortgeführten Betrieb dienen könnten. Es soll so vermieden werden, dem Steuerpflichtigen "ewiges Betriebsvermögen" zu belassen. Es kommt dann unabhängig von der Abgabe einer Aufgabeerklärung zu einer - insoweit zwangsweisen - Betriebsaufgabe mit der Folge der Aufdeckung vorhandener stiller Reserven. Ein Ruhen des Betriebs im Sinne einer Unterbrechung des Betriebs setzt zudem voraus, dass dieser Zustand zeitlich begrenzt ist.

Im Streitfall hatte die Steuerpflichtige, eine KG, bis zur Einstellung ihrer Tätigkeit als Bauträgerin und Grundstückshändlerin zum 31.12. 1967 originär gewerbliche Einkünfte erzielt. Bis zu diesem Zeitpunkt errichtete sie als Bauträgerin Gebäude und veräußerte diese sodann.
Ab 1.1. 1968 war sie nicht mehr als Bauträgerin tätig.

Der Umstand, dass eine andere Gesellschaft, an der einer der Gesellschafter der KG als Gesellschafter beteiligt war, diese Tätigkeit fortführte, lässt für sich genommen nicht darauf schließen, dass die Steuerpflichtige ihre gesamte gewerbliche Tätigkeit eingestellt hatte. Denn sie war zuvor nicht nur als Bauträgerin, sondern daneben auch als Grundstückshändlerin tätig gewesen. Jedenfalls im Hinblick auf die letztgenannte Tätigkeit war für einen Außenstehenden nicht erkennbar, ob auch diese zusammen mit der Bauträgertätigkeit endgültig eingestellt worden war. Denn die Steuerpflichtige war unverändert Eigentümerin eines von ihr selbst errichteten und als Betriebsvermögen behandelten Seniorenwohnheims. Es war daher nicht ausgeschlossen, dass auch diese Immobilie, die aus einer Vielzahl von Wohneinheiten bestand, Gegenstand weiterer Verkaufsaktivitäten der Steuerpflichtigen hätte sein sollen. Dem steht nicht entgegen, dass das Seniorenwohnheim langfristig vermietet war, da eine Vermietung die Vermarktung solcher Objekte regelmäßig erleichtert und sich günstig auf den zu erzielenden Kaufpreis auswirkt. Die Steuerpflichtige war deshalb jederzeit in der Lage, den Betrieb als Grundstückshändlerin wieder aufzunehmen.

Da die Steuerpflichtige die Betriebsaufgabe erst in 2005 erklärte, kam dieser rechtsgestaltenden Erklärung keine steuerliche Rückwirkung für das Streitjahr 2003 zu. Der bisherige Betrieb der Steuerpflichtigen galt daher im Streitjahr in einkommensteuerlicher Hinsicht als fortbestehend.

Auch der im September 1982 erfolgte Austritt der A - GmbH aus der Steuerpflichtigen war für die Qualifikation ihrer Einkünfte im Streitjahr als solche aus Gewerbebetrieb unerheblich. Denn die Steuerpflichtige war bis zum Ende des Streitjahres 2003 keine gewerblich geprägte Personengesellschaft i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG, da die Erzielung nicht (originär) gewerblicher Einkünfte Bestandteil der Definition einer gewerblich geprägten Personengesellschaft gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG ist. Die Steuerpflichtige erzielte hingegen originär gewerbliche Einkünfte. Wird eine originär gewerbliche Tätigkeit nicht aufgegeben, sondern nur zum Ruhen gebracht, stellen gleichwohl die Einkünfte aus dem ruhenden Gewerbebetrieb weiterhin originär gewerbliche Einkünfte dar. Aus diesem Grunde kann eine gewerbliche Prägung daher durch den Austritt der A - GmbH auch nicht weggefallen sein mit der Maßgabe, dass zum Zeitpunkt des Austritts eine fiktive Betriebsaufgabe anzunehmen wäre.

Der BFH entschied daher, dass die Einkünfte aus der Vermietung des Seniorenwohnheims mangels einer wirksam gegenüber dem FA erklärten Aufgabe der originär gewerblichen Grundstückshändlertätigkeit auch im Streitjahr 2003 originär gewerbliche Einkünfte der Steuerpflichtigen darstellen.

BFH, Urteil vom 9.11.2017, IV R 37/14, veröffentlicht am 31.1.2018.

Verlag Dr. Otto Schmidt