24.11.2017

Einwendungsausschluss des Geschäftsführers einer GmbH bei unterlassenem Widerspruch gegen die Forderungsanmeldung des FA

Wird eine Steuerforderung gegenüber einer GmbH widerspruchslos zur Insolvenztabelle festgestellt, ist der Geschäftsführer der GmbH im Verfahren wegen Haftung gemäß § 166 AO mit Einwendungen gegen die Höhe der Steuerforderung ausgeschlossen, wenn er der Forderungsanmeldung hätte widersprechen können, dies aber nicht getan hat.

Kurzbesprechung
BFH v. 27.9. 2017 - XI R 9/16

AO § 166
InsO § 174, § 175, § 176, § 178, § 184 Abs. 2 Satz 1, § 201 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1
InsO a.F. § 184 Satz 2

Ist die Steuer dem Steuerpflichtigen gegenüber unanfechtbar festgesetzt, so hat dies nach § 166 AO neben einem Gesamtrechtsnachfolger auch gegen sich gelten zu lassen, wer in der Lage gewesen wäre, den gegen den Steuerpflichtigen erlassenen Bescheid als dessen Vertreter, Bevollmächtigter oder kraft eigenen Rechts anzufechten.

Soweit § 166 AO eingreift, soll das Haftungsverfahren von Fragen der materiellen Richtigkeit der Steuerfestsetzungen befreit werden; die Vorschrift soll in dem in von § 166 AO erfassten Umfang verhindern, dass im Haftungsverfahren das Besteuerungsverfahren nochmals aufgerollt und dadurch das Haftungsverfahren unnötig verzögert wird, wenn der Haftungsschuldner als Vertreter des Steuerpflichtigen bereits zur Anfechtung der Steuerfestsetzung befugt war oder diese bereits erfolglos angefochten hat.

Im Streitfall hat der BFH entschieden, dass die widerspruchslose Feststellung einer Steuerforderung im Insolvenzverfahren als unanfechtbare Steuerfestsetzung i.S. des §166 AO anzusehen ist. Denn im Bereich des Steuerrechts wirkt die widerspruchslose Eintragung in die Insolvenztabelle wie die bestandskräftige Festsetzung der Forderung. Die Feststellung der Forderung in der Insolvenztabelle stellt das insolvenzrechtliche Äquivalent zur Steuerfestsetzung durch Verwaltungsakt dar.

Die widerspruchslose Feststellung zur Insolvenztabelle hat aber Rechtswirkungen nicht nur gegenüber dem Insolvenzverwalter und den Insolvenzgläubigern, sondern auch gegenüber der GmbH als Insolvenzschuldnerin.  Im Streitfall hätte die durch Haftungsbescheid in Anspruch genommene Geschäftsführerin der GmbH der Anmeldung zur Tabelle namens der GmbH widersprechen müssen. Da dies nicht erfolgt war, wurde die Forderung widerspruchslos in die Insolvenztabelle eingetragen und darum i.S. des § 166 AO unanfechtbar festgesetzt. Die Haftungsinanspruchnahme der Geschäftsführerin war daher zutreffend erfolgt und hinsichtlich der Höhe der Haftungsinanspruchnahme nicht mehr anfechtbar.

BFH, Urteil vom 27.9.2017, XI R 9/16, veröffentlicht am 22.11.2017.

Verlag Dr. Otto Schmidt