Einzelne Wohnungseigentümer haben keinen Anspruch auf Zahlung des Wohngeldes
BGH 10.2.2017, V ZR 166/16Die Parteien sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Wohngeldschulden des Beklagten aus der von den Wohnungseigentümern genehmigten Jahresabrechnung 2009 und aus den ebenfalls genehmigten Wirtschaftsplänen 2010/11 betrugen rund 14.341 €. Weil die Verwaltervergütung nicht gezahlt worden war, legte die Verwalterin der Wohnungseigentümergemeinschaft ihr Amt Ende 2011 nieder.
Der Rückstand für die Lieferung des Allgemeinstroms belief sich für das Jahr 2012 auf 443 €. Zur Abwendung der angekündigten Sperrung der Wasserversorgung verhandelte der Kläger mit dem Versorgungsunternehmen und erreichte eine Stundung mit der Folge, dass der Wasserversorger gegen Zahlung von 2.197 € bereit war, von einer Sperrung abzusehen. Die vom Kläger daraufhin unter den Wohnungseigentümern durchgeführte Sammlung, an der sich der Beklagte mit 315 € beteiligte, erbrachte lediglich einen Gesamtbetrag von 1.260 €. Vor April 2012 stellten die Versorgungsunternehmen die Lieferung von Allgemeinstrom und Wasser ein.
Der Kläger, der seine Eigentumswohnung vermietet hatte, verlangte vom Beklagten gestützt auf die Behauptung, ihm seien im Zeitraum April 2012 bis August 2012 wegen der Sperrung Mieteinnahmen von 1.300 € entgangen, Schadensersatz in entsprechender Höhe. Das AG wies die Klage ab; das LG gab ihr statt. Auf die Revision des Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Berufung zurück.
Gründe:
Der Kläger hat(te) gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung der Rückstände an die Wohnungseigentümergemeinschaft. Ein Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 und 2 BGB i.V.m. § 286 BGB - der einzigen ernsthaft in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage - setzt voraus, dass der Beklagte durch die Nichtzahlung der Wohngelder eine Pflicht gegenüber dem Kläger verletzt hat. Dies war hier - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes - jedoch nicht der Fall.
Der Anspruch auf Zahlung des sog. Haus- oder Wohngeldes steht nicht den einzelnen Wohnungseigentümern zu. Vielmehr ist alleinige Inhaberin dieses Anspruchs die Wohnungseigentümergemeinschaft. Denn der Anspruch ist Teil des Verwaltungsvermögens des teilrechtsfähigen Verbands (vgl. § 10 Abs. 7 S. 1 u. S. 3). Dass die Vorschuss- bzw. Nachschusspflicht nur gegenüber der rechtsfähigen Gemeinschaft besteht, hat der Senat bereits vor der Reform des Wohnungseigentumsrechts entschieden (Beschl. v. 2.6.2005, Az.: V ZB 32/05). Ebenso hat der Senat bereits entschieden, dass der einzelne Wohnungseigentümer nicht nach den Grundsätzen der gesellschaftsrechtlichen actio pro socio zur Geltendmachung der Wohngelder im eigenen Namen befugt ist (Beschl. v. 20.4.1990, Az.: V ZB 1/90).
Durch die Nichtzahlung der Wohngelder hatte der Beklagte auch nicht seine Pflichten aus dem zwischen den Wohnungseigentümern bestehenden gesetzlichen Schuldverhältnis verletzt. Die gegenteilige Auffassung des Berufungsgerichts war rechtsfehlerhaft. Mit der vom Gesetz vorgesehenen Kompetenzverteilung zwischen Verband und Wohnungseigentümern wäre es unvereinbar, wenn die Pflicht zur Zahlung des Wohngeldes als Bestandteil der gegenseitigen Treuepflicht der Wohnungseigentümer - sei es als Hauptpflicht oder als Nebenpflicht - qualifiziert würde und die Nichtzahlung Schadensersatzansprüche nicht nur des Verbandes, sondern auch der einzelnen Wohnungseigentümer zur Folge haben könnte.
Auf die Grundsätze der sog. Drittschadensliquidation konnte sich der Kläger letztlich auch nicht berufen. Denn für deren Zulassung ist der Gesichtspunkt maßgebend, dass der Schädiger keinen Vorteil daraus ziehen soll, wenn ein Schaden, der eigentlich bei dem Vertragspartner eintreten müsste, zufällig aufgrund eines zu dem Dritten bestehenden Rechtsverhältnisses auf diesen verlagert ist. An einer solch zufälligen Schadensverlagerung fehlte es jedoch hier.
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