Einzug des Milchlieferrechts nach Beendigung des Pachtvertrags
Kurzbesprechung
BFH v. 17.1.2019 - VI R 52/16
EStG § 55 Abs. 1 und Abs. 6
MilchQuotV § 48 Abs. 3, § 49 Abs. 3
Bei dem mit der Milch-Garantiemengen-Verordnung (MGV) vom 25.5.1984 (BGBl I 1984, 720) eingeführten Milchlieferrecht handelt es sich um ein vom Grund und Boden abgespaltenes selbständiges immaterielles Wirtschaftsgut.
Die Abspaltung des Milchlieferrechts von dem Wirtschaftsgut Grund und Boden hat zur Folge, dass die Anschaffungskosten des Grund und Bodens zum Teil dem Milchlieferrecht zuzuordnen sind. Dazu sind grundsätzlich die tatsächlichen Anschaffungskosten oder --wie im entschiedenen Streitfall-- der diese ersetzende Pauschalwert gemäß § 55 Abs. 1 EStG (fiktive Anschaffungskosten) im Verhältnis der am Tag der Ausfertigung der MGV (25.5.1984) für das Milchlieferrecht einerseits und den nackten Grund und Boden andererseits erzielbaren örtlichen Marktpreise aufzuteilen.
Das Milchlieferrecht ist in der Bilanz als einheitliches Wirtschaftsgut mit der Summe aller (fiktiven) Anschaffungskosten auszuweisen. Daraus folgt aber nicht, dass die bilanzierten Anschaffungskosten bei einem anteiligen Wegfall/Untergang des Milchlieferrechts erst im Zeitpunkt des vollständigen Wegfalls/Untergangs des Milchlieferrechts zu berücksichtigen wären. Denn das Milchlieferrecht ist als ein zusammengesetztes Wirtschaftsgut aus der mengenmäßig bestimmten Summe der Rechte anzusehen, die der in kg bestimmten Liefermenge (Referenzmenge) zugeordnet sind. Demgemäß sind auch die (fiktiven) Anschaffungskosten der Milchlieferrechte den Liefermengen (Referenzmengen) zuzuordnen. Wird ein Milchlieferrecht nur in Höhe einer bestimmten Menge veräußert, sind die anteilig auf diese Menge entfallenden Anschaffungskosten daher auszubuchen.
Dies gilt ebenso, wenn ein Teil des Milchlieferrechts nach § 48 Abs. 3 MilchquotV in Folge der Beendigung eines unter § 48 Abs. 1 MilchquotV fallenden Pachtvertrags durch Einziehung in die Landesreserve ersatzlos untergeht. Auch insoweit ist der anteilige Buchwert des Milchlieferrechts im Zeitpunkt der Einziehung und nicht erst anlässlich der späteren Veräußerung des verbliebenen Milchlieferrechts auszubuchen.
Mit dem Wegfall des Pachtvertrags geht das Milchlieferrecht zunächst in vollem Umfang auf den Verpächter über und erst im Anschluss daran werden 33 % des übergegangenen Milchlieferrechts durch Verwaltungsakt entschädigungslos zu Gunsten der Landesreserve eingezogen. Dem Umfang des eingezogenen Milchlieferrechts entsprechend sind die anteilig auf diese Menge entfallenden (fiktiven) Anschaffungskosten mithin auszubuchen.
Vor diesem rechtlichen Hintergrund hatte das FG im Streitfall zu Recht entschieden, dass der Buchwert des Milchlieferrechts auf Grund dessen Einziehung zur Landesreserve in Höhe von 33 % auszubuchen war. Zutreffend hatte das FG den Buchwertabgang entsprechend den anteilig auf diese Menge entfallenden Anschaffungskosten ermittelt.
Ob durch die anteilige Ausbuchung der Anschaffungskosten des Milchlieferrechts das Betriebsvermögen gemindert und dadurch ein Verlust eingetreten ist, hängt davon ab, ob die Grundstücke, von deren Buchwert der hier in Streit stehende Buchwert für das Milchlieferrecht abgespalten wurde, in den Streitjahren noch zum Betriebsvermögen der Steuerpflichtigen gehörten. Sollte dies der Fall sein, läge keine verlustbegründende Minderung des Betriebsvermögens vor, weil der auf das eingezogene Milchlieferrecht entfallende Buchwert diesen Grundstücken wieder zuzurechnen wäre. Sollten die Grundstücke in den Streitjahren ganz oder teilweise nicht mehr zum Betriebsvermögen der Steuerpflichtigen gehört haben, wäre durch den anteiligen Buchwertabgang zwar ein Verlust entstanden, der aber dem Abzugsverbot gemäß § 55 Abs. 6 EStG unterläge.
Mit dem Auslaufen der MGV zum 31.3.2015 sind die Milchlieferrechte ersatzlos weggefallen, weshalb die zu diesem Zeitpunkt noch in der Bilanz ausgewiesenen (fiktiven) Anschaffungskosten auszubuchen sind. Die dadurch bedingte Vermögensminderung führt regelmäßig zu einem Verlust. Dies gilt jedoch nicht für die mit dem abgespaltenen Buchwert nach § 55 Abs. 1 EStG bilanzierten Milchlieferrechte. Nach Auffassung des BFH ist es daher geboten, die Buchwertabspaltung nach dem Wegfall des Milchlieferrechts wieder rückgängig zu machen. Dies wird dadurch erreicht, dass der von dem Grund und Boden abgespaltene Buchwert mit dem Wegfall des Milchlieferrechts dem Grund und Boden, von dem er abgespalten wurde, wieder zugerechnet wird. Die Rückgängigmachung der Abspaltung führt insbesondere im Hinblick auf die Verlustausschlussklausel des § 55 Abs. 6 EStG zu sachgerechten Ergebnissen.
Die Rückgängigmachung der Buchwertabspaltung ist darüber hinaus auch geboten, wenn das Milchlieferrecht auf Grund der Einziehung zur Landesreserve entschädigungslos aus dem Betriebsvermögen ausscheidet. Denn die entschädigungslose Einziehung wirkt im wirtschaftlichen Ergebnis ebenso wie der ersatzlose Wegfall des Milchlieferrechts mit dem Auslaufen der MGV zum 313.2015. In beiden Fällen geht die Vermögensposition ohne Zutun des Steuerpflichtigen entschädigungslos unter. Auch bei der entschädigungslosen Einziehung führt die Rückgängigmachung der Abspaltung daher zu weitgehend sachgerechten Lösungen im Hinblick auf das Verlustabzugsverbot in § 55 Abs. 6 EStG.
Befinden sich die Grundstücke, von deren Buchwerten die Buchwerte für das Milchlieferrecht abgespalten wurden, nicht mehr im Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen, scheidet eine Rückgängigmachung der Buchwertabspaltung aus. Die Ausbuchung des anteiligen Buchwerts führt mithin zu einem Verlust. Dieser Verlust unterliegt aber dem Verlustabzugsverbot des § 55 Abs. 6 EStG.
Nach § 55 Abs. 6 EStG dürfen Verluste, die bei der Veräußerung oder Entnahme von Grund und Boden i.S. des § 55 Abs. 1 EStG entstehen, nicht berücksichtigt werden. Ungeachtet des Wortlauts unterliegt auch der von den nach § 55 Abs. 1 EStG bewerteten Grundstücken abgespaltene Buchwert für das Milchlieferrecht dem Verlustabzugsverbot gemäß § 55 Abs. 6 EStG. Der BFH hält es daher für geboten, nicht nur den Verlust, der bei einer Veräußerung oder Entnahme des Milchlieferrechts entstanden ist, sondern auch den Verlust, der durch die Einziehung des Milchlieferrechts entstanden ist, gemäß § 55 Abs. 6 EStG nicht zu berücksichtigen.
BFH, Urteil vom 17.1.2019, VI R 52/16, veröffentlicht am 15.5.2019.
Verlag Dr. Otto Schmidt
EStG § 55 Abs. 1 und Abs. 6
MilchQuotV § 48 Abs. 3, § 49 Abs. 3
Bei dem mit der Milch-Garantiemengen-Verordnung (MGV) vom 25.5.1984 (BGBl I 1984, 720) eingeführten Milchlieferrecht handelt es sich um ein vom Grund und Boden abgespaltenes selbständiges immaterielles Wirtschaftsgut.
Die Abspaltung des Milchlieferrechts von dem Wirtschaftsgut Grund und Boden hat zur Folge, dass die Anschaffungskosten des Grund und Bodens zum Teil dem Milchlieferrecht zuzuordnen sind. Dazu sind grundsätzlich die tatsächlichen Anschaffungskosten oder --wie im entschiedenen Streitfall-- der diese ersetzende Pauschalwert gemäß § 55 Abs. 1 EStG (fiktive Anschaffungskosten) im Verhältnis der am Tag der Ausfertigung der MGV (25.5.1984) für das Milchlieferrecht einerseits und den nackten Grund und Boden andererseits erzielbaren örtlichen Marktpreise aufzuteilen.
Das Milchlieferrecht ist in der Bilanz als einheitliches Wirtschaftsgut mit der Summe aller (fiktiven) Anschaffungskosten auszuweisen. Daraus folgt aber nicht, dass die bilanzierten Anschaffungskosten bei einem anteiligen Wegfall/Untergang des Milchlieferrechts erst im Zeitpunkt des vollständigen Wegfalls/Untergangs des Milchlieferrechts zu berücksichtigen wären. Denn das Milchlieferrecht ist als ein zusammengesetztes Wirtschaftsgut aus der mengenmäßig bestimmten Summe der Rechte anzusehen, die der in kg bestimmten Liefermenge (Referenzmenge) zugeordnet sind. Demgemäß sind auch die (fiktiven) Anschaffungskosten der Milchlieferrechte den Liefermengen (Referenzmengen) zuzuordnen. Wird ein Milchlieferrecht nur in Höhe einer bestimmten Menge veräußert, sind die anteilig auf diese Menge entfallenden Anschaffungskosten daher auszubuchen.
Dies gilt ebenso, wenn ein Teil des Milchlieferrechts nach § 48 Abs. 3 MilchquotV in Folge der Beendigung eines unter § 48 Abs. 1 MilchquotV fallenden Pachtvertrags durch Einziehung in die Landesreserve ersatzlos untergeht. Auch insoweit ist der anteilige Buchwert des Milchlieferrechts im Zeitpunkt der Einziehung und nicht erst anlässlich der späteren Veräußerung des verbliebenen Milchlieferrechts auszubuchen.
Mit dem Wegfall des Pachtvertrags geht das Milchlieferrecht zunächst in vollem Umfang auf den Verpächter über und erst im Anschluss daran werden 33 % des übergegangenen Milchlieferrechts durch Verwaltungsakt entschädigungslos zu Gunsten der Landesreserve eingezogen. Dem Umfang des eingezogenen Milchlieferrechts entsprechend sind die anteilig auf diese Menge entfallenden (fiktiven) Anschaffungskosten mithin auszubuchen.
Vor diesem rechtlichen Hintergrund hatte das FG im Streitfall zu Recht entschieden, dass der Buchwert des Milchlieferrechts auf Grund dessen Einziehung zur Landesreserve in Höhe von 33 % auszubuchen war. Zutreffend hatte das FG den Buchwertabgang entsprechend den anteilig auf diese Menge entfallenden Anschaffungskosten ermittelt.
Ob durch die anteilige Ausbuchung der Anschaffungskosten des Milchlieferrechts das Betriebsvermögen gemindert und dadurch ein Verlust eingetreten ist, hängt davon ab, ob die Grundstücke, von deren Buchwert der hier in Streit stehende Buchwert für das Milchlieferrecht abgespalten wurde, in den Streitjahren noch zum Betriebsvermögen der Steuerpflichtigen gehörten. Sollte dies der Fall sein, läge keine verlustbegründende Minderung des Betriebsvermögens vor, weil der auf das eingezogene Milchlieferrecht entfallende Buchwert diesen Grundstücken wieder zuzurechnen wäre. Sollten die Grundstücke in den Streitjahren ganz oder teilweise nicht mehr zum Betriebsvermögen der Steuerpflichtigen gehört haben, wäre durch den anteiligen Buchwertabgang zwar ein Verlust entstanden, der aber dem Abzugsverbot gemäß § 55 Abs. 6 EStG unterläge.
Mit dem Auslaufen der MGV zum 31.3.2015 sind die Milchlieferrechte ersatzlos weggefallen, weshalb die zu diesem Zeitpunkt noch in der Bilanz ausgewiesenen (fiktiven) Anschaffungskosten auszubuchen sind. Die dadurch bedingte Vermögensminderung führt regelmäßig zu einem Verlust. Dies gilt jedoch nicht für die mit dem abgespaltenen Buchwert nach § 55 Abs. 1 EStG bilanzierten Milchlieferrechte. Nach Auffassung des BFH ist es daher geboten, die Buchwertabspaltung nach dem Wegfall des Milchlieferrechts wieder rückgängig zu machen. Dies wird dadurch erreicht, dass der von dem Grund und Boden abgespaltene Buchwert mit dem Wegfall des Milchlieferrechts dem Grund und Boden, von dem er abgespalten wurde, wieder zugerechnet wird. Die Rückgängigmachung der Abspaltung führt insbesondere im Hinblick auf die Verlustausschlussklausel des § 55 Abs. 6 EStG zu sachgerechten Ergebnissen.
Die Rückgängigmachung der Buchwertabspaltung ist darüber hinaus auch geboten, wenn das Milchlieferrecht auf Grund der Einziehung zur Landesreserve entschädigungslos aus dem Betriebsvermögen ausscheidet. Denn die entschädigungslose Einziehung wirkt im wirtschaftlichen Ergebnis ebenso wie der ersatzlose Wegfall des Milchlieferrechts mit dem Auslaufen der MGV zum 313.2015. In beiden Fällen geht die Vermögensposition ohne Zutun des Steuerpflichtigen entschädigungslos unter. Auch bei der entschädigungslosen Einziehung führt die Rückgängigmachung der Abspaltung daher zu weitgehend sachgerechten Lösungen im Hinblick auf das Verlustabzugsverbot in § 55 Abs. 6 EStG.
Befinden sich die Grundstücke, von deren Buchwerten die Buchwerte für das Milchlieferrecht abgespalten wurden, nicht mehr im Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen, scheidet eine Rückgängigmachung der Buchwertabspaltung aus. Die Ausbuchung des anteiligen Buchwerts führt mithin zu einem Verlust. Dieser Verlust unterliegt aber dem Verlustabzugsverbot des § 55 Abs. 6 EStG.
Nach § 55 Abs. 6 EStG dürfen Verluste, die bei der Veräußerung oder Entnahme von Grund und Boden i.S. des § 55 Abs. 1 EStG entstehen, nicht berücksichtigt werden. Ungeachtet des Wortlauts unterliegt auch der von den nach § 55 Abs. 1 EStG bewerteten Grundstücken abgespaltene Buchwert für das Milchlieferrecht dem Verlustabzugsverbot gemäß § 55 Abs. 6 EStG. Der BFH hält es daher für geboten, nicht nur den Verlust, der bei einer Veräußerung oder Entnahme des Milchlieferrechts entstanden ist, sondern auch den Verlust, der durch die Einziehung des Milchlieferrechts entstanden ist, gemäß § 55 Abs. 6 EStG nicht zu berücksichtigen.
BFH, Urteil vom 17.1.2019, VI R 52/16, veröffentlicht am 15.5.2019.