Elternunterhalt: Unterhaltspflichtiger muss teures Pflegeheim nicht hinnehmen
OLG Celle 3.5.2018, 10 UF 160/17Die 76-jährige Mutter des Antragsgegners steht seit mehreren Jahren unter Betreuung und lebt in einem Pflegeheim. Bis Dezember 2016 hatte sie die Pflegestufe 1, seit Januar 2017 unterliegt sie dem Pflegegrad 3. Sie bezieht eine Rente, die nicht ausreicht, um die Kosten der Heimunterbringung zu decken. Insoweit erbringt die Antragstellerin ergänzende Leistungen der Sozialhilfe in Form der Hilfe zur Pflege. Sie nahm den Antragsgegner aus übergegangenem Recht gem. § 94 SBG XII für die Zeit ab Mai 2012 auf Elternunterhalt in Anspruch.
Der Antragsgegner ist selbständig im EDV-Bereich tätig. Seine drei Jahre ältere Schwester ist nicht leistungsfähig. Beide wuchsen im elterlichen Haushalt auf. Die Mutter war Grundschullehrerin, der Vater Arzt. Als der Antragsgegner sieben Jahre alt war, erkrankte seine Mutter an einer seelischen Störung. Von November 1988 bis Juli 1989 befand sich die Mutter mit der Diagnose "Paranoid-halluzinatorische Psychose" in stationärer Behandlung. Ihr wurde das Neuroleptikum Leponex (Wirkstoff Clozapin) verordnet. Dieses Medikament nimmt sie bis heute.
Das AG hat den Antragsgegner entsprechend dem Antrag der Antragstellerin verpflichtet, Elternunterhalt für seine Mutter zu zahlen. Der Antragsgegner behauptete, nicht leistungsfähig zu sein. Zudem war er der Ansicht, das Pflegeheim, in dem seine Mutter untergebracht sei, sei viel zu teuer. Er hatte für die Jahre 2012 und 2013 umfangreiche Listen mit konkret benannten Pflegeheimen in Niedersachsen vorgelegt, die deutlich günstiger sind. Auf die Beschwerde des Antragsgegners hat das OLG den Beschluss des AG - Familiengericht - geändert und die Anträge der Antragstellerin abgewiesen.
Die Gründe:
Die Notwendigkeit der Unterbringung der Mutter des Antragsgegners in einem derartigen Fachpflegeheim erscheint auch unter Berücksichtigung ihrer Erkrankung nicht indiziert.
Die Unterbringung der sozialhilfebedürftigen Unterhaltsberechtigten in einem psychiatrischen Fachpflegeheim aus dem obersten Preissegment muss der Unterhaltspflichtige nicht bereits deswegen hinnehmen, weil die Unterhaltsberechtigte an einer Psychose erkrankt ist. Insoweit genügt der Unterhaltspflichtige seiner Obliegenheit zum substantiierten Bestreiten dadurch, dass er konkrete, kostengünstigere Heime mit einer gerontopsychiatrischen Abteilung und die dafür anfallenden Kosten benennt oder darlegt, dass ein konkretes, kostengünstigeres einfaches Pflegeheim die Unterhaltsberechtigte trotz ihres Krankheitsbildes aufgenommen hätte.
Zum einen hatte der Antragsgegner hier günstigere Einrichtungen aufgelistet, die ausweislich einer entsprechenden Anfrage seine Mutter mit ihren Diagnosen aufgenommen hätten. Zum anderen enthält die vom Antragsgegner vorgelegte Liste zahlreiche weitere Heime mit einer gerontopsychiatrischen Abteilung, die sich im selben Preissegment befinden. Es erschließt sich nicht, warum die Mutter nicht in einem gerontopsychiatrischen Pflegeheim hätte untergebracht werden können. Nach den Erfahrungen des Senats, dessen Mitglieder teilweise langjährig als Betreuungsrichter tätig waren, befinden sich in derartigen Heimen auch Menschen mit Krankheitsbildern, die demjenigen der Mutter des Antragsgegners vergleichbar sind.
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