09.05.2014

Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen eine Eigenbedarfskündigung

Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde gegen ein Räumungsurteil in Folge einer Eigenbedarfskündigung nicht zur Entscheidung angenommen. Die Frage, ob der bloße Wunsch des Eigentümers nach einer Zweitwohnung die Voraussetzungen des Eigenbedarfs erfüllen kann, oder ob umgekehrt die Annahme eines Eigenbedarfs bereits dann ausgeschlossen ist, wenn der Vermieter bereits eine andere Wohnung besitzt und diese nicht aufgeben, sondern weiterhin nutzen will, ließ die Zulassung der Revision unter Berücksichtigung der ständigen BGH-Rechtsprechung nicht naheliegend erscheinen.

BVerfG 23.4.2014, 1 BvR 2851/13
Der Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin mietete 1987 eine knapp 60 qm große Wohnung in B., deren Eigentümer seit 1997 der Kläger des Ausgangsverfahrens ist. Er lebte bis zum Jahr 2008 ebenfalls in B. und verzog dann mit seiner Ehefrau und den vier gemeinsamen Kindern in eine andere Stadt.

Der Kläger kündigte im Jahr 2010 das mit der Beschwerdeführerin bestehende Mietverhältnis u.a. wegen Eigenbedarfs. Hinsichtlich des Eigenbedarfs führte er aus, er sei mit seiner Familie berufsbedingt umgezogen, habe in B. allerdings eine im Jahr 1999 geborene, nichteheliche Tochter, für die er gemeinsam mit der Kindesmutter das Umgangs- und Sorgerecht habe. Um dieses auszuüben, sei es erforderlich, dass er sich regelmäßig über mehrere Tage in B. aufhalte. Hierfür benötige er die an die Beschwerdeführerin vermietete Wohnung.

Das AG wies die Räumungsklage ab; das LG gab ihr statt. Die Revision zum BGH ließ das LG nicht zu. Das BVerfG nahm die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin nicht zur Entscheidung an.

Die Gründe:
Die Verfassungsbeschwerde war nicht zur Entscheidung anzunehmen, da sie in der Sache keine Aussicht auf Erfolg hat. Die angegriffene Entscheidung des LG verletzt die Beschwerdeführerin nicht in ihrem Recht auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG.

Für eine willkürliche Nichtzulassung der Revision ist vorliegend nichts ersichtlich. Zwar kommt eine Verletzung von Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG nach der Rechtsprechung des BVerfG auch dann in Betracht, wenn die Entscheidung des Gerichts über die Nichtzulassung nicht näher begründet ist, obwohl die Zulassung des Rechtsmittels nahe gelegen hätte. Die Voraussetzungen eines solchen verfassungsrechtlich relevanten Begründungsdefizits sind vorliegend jedoch nicht gegeben. Im Streitfall hat das Berufungsgericht die Nichtzulassung der Revision zwar nicht mit einer auf den Einzelfall bezogenen Begründung versehen. Dies führt jedoch nicht zu einer Verfassungsverletzung, denn die Zulassung der Revision hat nicht im Sinne der einschlägigen Rechtsprechung nahe gelegen.

Insbes. ergibt sich keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache laut BGH dann, wenn eine klärungsbedürftige Frage zu entscheiden ist, deren Auftreten in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu erwarten ist und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Als in diesem Sinne klärungsbedürftig käme vorliegend allenfalls die Frage in Betracht, ob der bloße Wunsch des Eigentümers nach einer Zweitwohnung die Voraussetzungen des Eigenbedarfs erfüllen kann, oder ob umgekehrt die Annahme eines Eigenbedarfs bereits dann ausgeschlossen ist, wenn der Vermieter bereits eine andere Wohnung besitzt und diese nicht aufgeben, sondern weiterhin nutzen will.

Die Zulassung der Revision unter diesem Gesichtspunkt erscheint allerdings nach der insoweit maßgeblichen Rechtsprechung der Fachgerichte nicht naheliegend. Nach ständiger BGH-Rechtsprechung reicht zwar allein der Wille des Vermieters, in den eigenen Räumen zu wohnen, für die Annahme von Eigenbedarf nicht aus. Ausreichend sind aber vernünftige und nachvollziehbare Gründe für die Inanspruchnahme des Wohnraumes. Weder dem Wortlaut noch dem Zweck der Vorschrift sei - so die BGH-Rechtsprechung - zu entnehmen, dass dem Vermieter ein Kündigungsrecht nur unter der Voraussetzung zustehe, dass er oder eine begünstigte Person einen Mangel an Wohnraum habe oder der Vermieter sich in einer wohnbedarfstypischen Lage befinde. Eine zusätzliche Beschränkung der Eigenbedarfskündigung - etwa die Forderung nach der Begründung des Lebensmittelpunktes - lässt sich dieser Rechtsprechung nicht entnehmen.

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BVerfG PM Nr. 44 vom 9.5.2014
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