Erklärungsabgabeverpflichtung nach § 56 Satz 2 EStDV
KurzbesprechungAO § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 171 Abs. 3
EStG § 25 Abs. 1 und 3, § 46 Abs. 2 Nr. 8
EStDV § 56 Satz 2
Das FA hatte im Streitfall mit Bescheid vom 5.6. 2008 für den Steuerpflichtigen auf den 31.12. 2005 einen verbleibenden Verlustvortrag in Höhe von 46.749 € festgestellt. Seine Einkommensteuererklärung 2006 gab der Steuerpflichtige, der in dieser Zeit ausschließlich Ein-künfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt hatte, im Dezember 2013 beim FA ab. Das FA lehnte eine Veranlagung ab, da der Antrag auf Veranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG nicht fristgerecht gestellt worden sei.
Dies sahen FG und BFH jedoch anders. Im Streitfall war der Anlauf der Festsetzungsfrist nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO gehemmt, weil für das Jahr 2006 gemäß § 56 Satz 2 EStDV eine Steuererklärung einzureichen war. Dies ist der Fall, wenn - wie im Streitfall - zum Schluss des vorangegangenen Veranlagungszeitraums (31.12.2005) ein verbleibender Verlustabzug festgestellt worden ist.
In dem Umstand, dass der Steuerpflichtige nach § 56 Satz 2 EStDV einerseits zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet war, es sich bei seiner Veranlagung andererseits um eine nur auf Antrag vorzunehmende Veranlagung i.S. des § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG handelte, sieht der BFH keinen Wertungswiderspruch. Denn durch die Pflicht zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung gemäß § 56 Satz 2 EStDV greift die Anlaufhemmung des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO ein, weshalb der Arbeitnehmer in diesem Fall ausnahmsweise bis zu sieben Jahren Zeit für seine Antragstellung hat (im Streitfall: bis zum 31.12.2013). Bei Abgabe der Einkommensteuererklärung im Dezember 2013 war die Festsetzungsfrist somit noch nicht abgelaufen.
Die Abgabe der Einkommensteuererklärung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz2 EStG stellt zugleich einen Antrag i.S. des § 171 Abs. 3 AO dar, wodurch die dort geregelte Ablaufhemmung vor Ablauf der Festsetzungsfrist am 31.12.2013 ausgelöst wird.
Die Ablaufhemmung, die ein Antrag auf Veranlagung gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG auslöst, wird insbesondere nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Steuerpflichtige im Streitfall zur Abgabe der Einkommensteuererklärung für 2006 verpflichtet war. Kommt trotz der Verpflichtung zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung nur eine Antragsveranlagung gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG in Betracht, besitzt die Einkommensteuererklärung einen doppelten Zweck. Mit ihr erfüllt der Steuerpflichtige einerseits seine Erklärungspflicht nach § 56 Satz 2 EStDV. Andererseits stellt er mit der Abgabe der Einkommensteuererklärung gleichzeitig einen Antrag i.S. des § 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 EStG, wenn die Veranlagung nicht gemäß § 46 Abs. 2 Nrn. 1 bis 7 EStG von Amts wegen durchzuführen ist.