Fax an die Referendarabteilung kann die Berufungsfrist wahren
BGH 6.6.2018, IV ZB 10/17Der Kläger hatte mit Schriftsatz vom 13.10.2016 Berufung gegen ein klageabweisendes Urteil (ihm zugestellt am 14.9.2016) eingelegt. Der Schriftsatz war an das Kammergericht unter dessen Anschrift Elßholzstraße 30-33, Berlin, adressiert und enthielt unterhalb der Adresse den Zusatz "vorab per Fax: (030) 9013-2040". Dabei handelte es sich allerdings um die Faxnummer der Referendarabteilung beim Kammergericht, die im Gebäude der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz in der Salzburger Straße 21-25, Berlin, ansässig ist. Dort ist der Schriftsatz per Fax am Freitag, den 14.10.2016, zwischen 16.13 Uhr und 16.58 Uhr eingegangen und am Morgen des 17.10.2016 an die Gemeinsame Briefannahmestelle des Kammergerichts unter der Faxnummer (030) 9015-2200 weitergeleitet worden. Das Original des Schriftsatzes ging am 18.10.2016, die Berufungsbegründung am 9.11.2016 beim Kammergericht ein.
Nach einem am 1.2.2017 zugestellten Hinweis des Berufungsgerichtes hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit am 10.2.2017 eingegangenem Schriftsatz seine Ansicht, dass die Berufungsschrift durch die Übermittlung unter der Faxnummer der Referendarabteilung rechtzeitig eingegangen sei, begründet sowie hilfsweise Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Auf die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde des Klägers hat der BGH den Beschluss aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Gründe:
Für die Rechtzeitigkeit des Eingangs eines fristwahrenden Schriftstücks ist allein entscheidend, dass es innerhalb der Frist tatsächlich in den Verfügungsbereich des zuständigen Gerichts gebracht worden und damit dem Zugriff des Absenders nicht mehr zugänglich ist. Das Schriftstück ist bereits dann in die Verfügungsgewalt des Gerichts gelangt, wenn der Gewahrsam des Gerichts begründet wird; dabei kommt es nicht auf die fristgerechte Entgegennahme durch den zuständigen Bediensteten der Geschäftsstelle an. Denn der Inhalt einer Sendung muss derart in den Machtbereich dieses Gerichts gelangt sein, dass es sich bei normaler Gestaltung seiner Verhältnisse Kenntnis von dem Inhalt der Sendung verschaffen kann.
Infolgedessen ist die Berufungsschrift hier mit dem Eingang auf dem der Referendarabteilung zugeordneten Faxgerät dem Berufungsgericht zugegangen. Die Mitarbeiter der Referendarabteilung hatten Gewahrsam an dem Schriftsatz begründet. Diese Abteilung ist insoweit nicht anders als eine Geschäftsstelle Teil des Berufungsgerichts, da das Gericht mit dieser Einheit eine ihm übertragene Aufgabe erfüllt. Mit dem Eingang in einer Abteilung des Berufungsgerichts gelangte der Schriftsatz damit auch in die Verfügungsgewalt des für dieses Rechtsmittelverfahren zuständigen Gerichts. Dies ist nicht vergleichbar mit Fällen, in denen Schriftsätze per Fax bei einer anderen Behörde, die nur beim Berufungsgericht angesiedelt ist, eingehen und damit noch nicht in die Verfügungsgewalt des Berufungsgerichts gelangen.
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