04.04.2017

Feststellung fahrlässiger Begehungsweise anhand der festgestellten Wirkstoffkonzentration von Cannabis

Ein Kraftfahrer ist nach vorausgegangenem bewussten Konsum von Cannabis verpflichtet, vor Antritt der Fahrt durch gehörige Selbstprüfung - soweit erforderlich - nach Einholung fachkundigen Rats und notfalls, sofern eine eindeutige Beurteilungsgrundlage nicht zu erlangen ist, durch Abstandnahme von der Fahrt sicherzustellen, dass er nicht unter der Wirkung einer den analytischen Grenzwert zumindest erreichenden THC-Konzentration im Blut ein Kfz im Straßenverkehr führt.

BGH 14.2.2017, 4 StR 422/15
Der Sachverhalt:
Nach den durch das AG getroffenen Feststellungen war der Betroffene im Februar 2014 um 15.35 Uhr mit einem PKW unterwegs. In seinem Blut befand sich eine Menge von 1,5 ng/ml Tetrahydrocannabinol (THC). Das AG verurteilte ihn daraufhin wegen fahrlässigen Fahrens unter Einwirkung berauschender Mittel zu einer Geldbuße von 500 € und verhängte ein einmonatiges Fahrverbot. Nach der in dem Urteil vertretenen Rechtsansicht stünde wegen des gemessenen Wirkstoffgehalts fest, dass der Betroffene sich bei Fahrtantritt nicht über die Wirkungsdauer des Rauschmittels erkundigt hatte, woran der Fahrlässigkeitsvorwurf anknüpfe. Gegen diesen Rückschluss sprechende Anhaltspunkte wie die mangelnde Fähigkeit zur Einholung von Erkundungen bestünden angesichts des Schweigens des Betroffenen nicht.

In seiner Rechtsbeschwerdebegründung war der Betroffene der Ansicht, das AG habe den Grundsatz verletzt, dass der Betroffene nicht gegen sich selbst aussagen müsse. Ferner habe es zu geringe Anforderungen an die Annahme des Fahrlässigkeitsvorwurfes gestellt. Zwischen den OLG war bislang streitig, unter welchen Voraussetzungen der Tatrichter aus der Feststellung einer den analytischen Grenzwert von 1,0 ng/ml mindestens erreichenden THC-Konzentration im Blut eines Fahrzeugführers ein objektiv und subjektiv sorgfalts- und damit fahrlässig ordnungswidriges Verhalten i.S.d. § 24a Abs. 2 und 3 StVG folgern darf. Das OLG Oldenburg hat deshalb gem. § 121 Abs. 2 GVG - analog - dem BGH die Sache zur Beantwortung folgender Frage vorgelegt:

Ist auf eine Sorgfaltspflichtverletzung und den subjektiven Sorgfaltsverstoß bezüglich des Fahrens unter Einwirkung berauschender Mittel zu schließen, wenn der analytische Grenzwert von 1,0 ng/ml THC bei der Fahrt erreicht ist, solange nicht reale Anhaltspunkte vorliegen, die den Rückschluss vom Überschreiten des analytischen Grenzwertes auf eine Sorgfaltspflichtverletzung und den subjektiven Sorgfaltsverstoß entkräften, und das Tatgericht veranlassen müssen, sich mit der Möglichkeit eines abweichenden Tatverlaufs auseinanderzusetzen?

Der BGH hat eine Sorgfaltspflicht bestätigt.

Gründe:
Ein Kraftfahrer ist nach vorausgegangenem bewussten Konsum von Cannabis verpflichtet, vor Antritt der Fahrt durch gehörige Selbstprüfung - soweit erforderlich - nach Einholung fachkundigen Rats und notfalls, sofern eine eindeutige Beurteilungsgrundlage nicht zu erlangen ist, durch Abstandnahme von der Fahrt sicherzustellen, dass er nicht unter der Wirkung einer den analytischen Grenzwert zumindest erreichenden THC-Konzentration im Blut ein Kfz im Straßenverkehr führt.

Der Tatrichter ist auch in Fällen, in denen die Fahrt mit dem Kraftfahrzeug nicht im zeitlichen Zusammenhang mit dem vorausgegangenem Cannabiskonsum erfolgt, aus Rechtsgründen nicht gehindert, beim Fehlen gegenläufiger Beweisanzeichen allein aus der Feststellung einer entsprechenden THC-Konzentration im Blut auf ein nach § 24a Abs. 2 und 3 StVG objektiv und subjektiv sorgfaltswidriges Verhalten zu schließen.

Linkhinweise:

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BGH PM Nr. 48 vom 4.4.2017