13.06.2019

Fiktive Einlage nach § 5 Abs. 2 UmwStG ins Gesamthandsvermögen

Im Fall des Formwechsels von einer Kapital- in eine Personengesellschaft ist die Besteuerung der offenen Rücklagen der Kapitalgesellschaft nach § 7 Satz 1 UmwStG bei nach § 5 Abs. 2 UmwStG fiktiv als eingelegt behandelten Anteilen als Gewinn der Gesamthand und nicht als Sondergewinn des bisherigen Anteilseigners zu behandeln.

Kurzbesprechung
BFH v. 11.4. 2019 - IV R 1/17

UmwStG § 4 Abs. 4, § 5 Abs. 2, § 7 Satz 1, § 9, § 18 Abs. 2 Satz 2
EStG § 7g


Wird eine Kapitalgesellschaft formwechselnd in eine Personengesellschaft umgewandelt, ist dem Anteilseigner ungeachtet dessen, ob für ihn ein Übernahmeergebnis nach § 4 Abs. 4 UmwStG zu ermitteln ist, nach § 9 Satz 1, § 7 Satz 1 UmwStG der Teil des in der Steuerbilanz ausgewiesenen Eigenkapitals abzüglich des Bestands des steuerlichen Einlagekontos i.S. des § 27 KStG, der sich nach Anwendung des § 29 Abs. 1 KStG ergibt, in dem Verhältnis der Anteile zum Nennkapital der übertragenden Körperschaft als Einnahmen aus Kapitalvermögen zuzurechnen. Zweck der Zurechnung nach § 7 UmwStG ist es, das deutsche Besteuerungsrecht an den offenen Gewinnrücklagen der bisherigen Kapitalgesellschaft auch gegenüber solchen Anteilseignern, bei denen ein Übernahmegewinn i.S. von § 4 Abs. 4 UmwStG nicht in der Bundesrepublik Deutschland besteuert werden könnte, sicherzustellen. Die Vorschrift fingiert zu diesem Zweck eine Totalausschüttung an die Anteilseigner der Kapitalgesellschaft, weil Gewinnrücklagen nach dem Formwechsel in eine Personengesellschaft zu Eigenkapital der Gesellschaft werden, das die Gesellschafter ohne ertragsteuerliche Belastung entnehmen können.

Hält der Anteilseigner die Anteile an der Kapitalgesellschaft am steuerlichen Übertragungsstichtag nicht in einem Betriebsvermögen und erfüllen die Anteile die Voraussetzungen des § 17 EStG, gelten sie nach § 9 Satz 1, § 5 Abs. 2 UmwStG für die Ermittlung des Gewinns als am Übertragungsstichtag in das Betriebsvermögen der Personengesellschaft eingelegt. Die Einlagefiktion bewirkt einerseits, dass die Anteile in die Ermittlung des Übernahmeergebnisses nach § 4 Abs. 4 Satz 1 UmwStG eingehen. Sie hat andererseits aber auch zur Folge, dass die fiktive Ausschüttung nach § 7 UmwStG der infolge der Einlagefiktion nun als Anteilseignerin geltenden Personengesellschaft zuzurechnen ist. Damit werden die Einkünfte wegen der von § 20 Abs. 8 Satz 1 EStG angeordneten Subsidiarität von Kapitaleinkünften Bestandteil der betrieblichen Einkünfte der Personengesellschaft.

Für dieses Verständnis spricht auch die Regelung in § 18 Abs. 2 Satz 2 UmwStG. Danach ist in Fällen der Einlagefiktion des § 5 Abs. 2 UmwStG ein Gewinn nach § 7 UmwStG gewerbesteuerlich nicht zu erfassen. Die Vorschrift sollte ausweislich der Gesetzesmaterialien sicherstellen, dass der aus der fiktiven Ausschüttung resultierende Gewinn nicht der Gewerbesteuer unterliegt. Einer solchen Sicherstellung hätte es nicht bedurft, wenn die Ausschüttung zu ohnehin nicht gewerbesteuerbelasteten Kapitaleinkünften i.S. des § 20 EStG führen würde. Vorausgesetzt wurde deshalb vom Gesetzgeber, dass die fiktive Ausschüttung zu betrieblichen und grundsätzlich gewerbesteuerbelasteten Einkünften gehört.

Im Streitfall war das FG zu Recht der Vorstellung von der sog. erweiterten Einlagefiktion gefolgt. Folge dieser Fiktion kann allerdings entgegen der Auffassung des FG nicht sein, dass der Gewinn aus der fiktiven Totalausschüttung nach § 7 Satz 1 UmwStG als Sondergewinn des bisherigen Anteilseigners zu erfassen ist. Gelten die Anteile als in das Betriebsvermögen der Personengesellschaft eingelegt, um in die Ermittlung des Übernahmeergebnisses einbezogen werden zu können, muss von einer fiktiven Einlage in das Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft ausgegangen werden. Gelten die Anteile damit als zum Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft gehörend, fällt auch der Gewinn aus der fiktiven Ausschüttung an den Anteilseigner nach § 7 Satz 1 UmwStG im Gesamthandsvermögen an. Ein solcher Gewinn muss deshalb als Gesamthandsgewinn festgestellt werden.

Im Streitfall hatte das FA danach fehlerhaft einen Sondergewinn des Beigeladenen festgestellt. Diese Feststellung ist von der Feststellung eines Gesamthandsgewinns zu unterscheiden. Es handelt sich um verschiedene und jeweils selbständig überprüfbare und der Bestandskraft zugängliche Besteuerungsgrundlagen, zwischen denen im Klageverfahren nicht saldiert werden darf. Die Feststellung des Sondergewinns war daher aufzuheben.

Unabhängig von der fehlerhaften Zuordnung zum Sonderbereich des Beigeladenen waren im Streitfall FA und FG auch zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags von 140.400 € durch die GmbH für die Höhe des nach § 7 Satz 1 UmwStG als ausgeschüttet geltenden Betrags ohne Bedeutung ist. Dem Zweck des § 7 Satz 1 UmwStG folgend ist der Begriff des in der Steuerbilanz ausgewiesenen Eigenkapitals im Sinne dieser Vorschrift einschränkend dahin auszulegen, dass ein außerbilanziell gebildeter und dem Gewinn noch nicht nach § 7g Abs. 2 Satz 1 EStG hinzugerechneter Investitionsabzugsbetrag das bilanzierte Eigenkapital mindert.

Die Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrags nach § 7g Abs. 1 EStG hat eine vergleichbare gewinnverschiebende Wirkung, die lediglich in der Bilanz keinen Niederschlag findet. Danach ist § 7 Satz 1 UmwStG teleologisch dahingehend eingeschränkt auszulegen, dass die Zurechnung des Eigenkapitals um bis zum steuerlichen Übertragungssstichtag in Anspruch genommene und noch nicht durch Übertragung oder in anderer Weise aufgelöste Investitionsabzugsbeträge i.S. des §7g EStG zu mindern ist. Ob der Investitionsabzugsbetrag dem Grunde und der Höhe nach zu Recht gebildet worden ist, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung

BFH, Urteil vom 11.4.2019, IV R 1/17, veröffentlicht am 13.6.2019.
 
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