Fiktive Schadensabrechnung bei Kfz-Unfall
BGH v. 25.9.2018 - VI ZR 65/18Der Kläger nahm den beklagten Haftpflichtversicherer auf Ersatz restlichen Sachschadens aus einem Verkehrsunfall im März 2015 in Anspruch, bei dem sein Fahrzeug, ein zum Unfallzeitpunkt knapp fünf Jahre alter Fiat Punto, beschädigt worden war. Die alleinige Haftung der Beklagten ist dem Grunde nach unstreitig.
Der Kläger begehrte im Rahmen einer fiktiven Abrechnung seines Fahrzeugschadens auf der Grundlage eines von ihm eingeholten Privatgutachtens den Ersatz von Reparaturkosten. Der Privatsachverständige hatte in seinem Gutachten die Stundenverrechnungssätze einer ortsansässigen, nicht markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde gelegt und den Stundensatz mit netto 103,75 € berechnet. Die von ihm angesetzten Kosten für die notwendigen Ersatzteile enthielten einen 10%igen UPE-Aufschlag (Aufschlag auf die unverbindliche Preisempfehlung).
Die Beklagte kürzte die im Privatgutachten ausgewiesenen Stundensätze unter Bezugnahme auf eine Referenzwerkstatt mit einer Entfernung zum Anspruchsteller von 6,1 km auf netto 95 € und lehnte den Ersatz für die UPE-Aufschläge ab. Insofern stritten die Parteien noch um den Differenzbetrag von 221,96 €.
Das AG gab der Klage statt. Auf die Berufung der Beklagten hat das LG die Entscheidung abgeändert und die Klage wegen zutreffender vorgerichtlicher Kürzung der Lohnkosten und fehlender Erstattungsfähigkeit der UPE-Aufschläge abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers blieb vor dem BGH ohne Erfolg.
Gründe:
Die Beklagte hatte eine gleichwertige und mühelos erreichbare sowie im angegebenen Umfang günstigere Reparaturmöglichkeit nachgewiesen.
Bei fiktiver Abrechnung der Reparaturkosten muss sich der Geschädigte, der mühelos eine ohne weiteres zugängliche günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit hat, unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gem. § 254 Abs. 2 BGB auf diese verweisen lassen. Dies gilt auch dann, wenn der Reparaturkostenkalkulation des von ihm beauftragten Sachverständigen bereits mittlere ortsübliche Sätze nicht markengebundener Fachwerkstätten zugrunde liegen. Es kann keinen Unterschied machen, ob im Privatgutachten von durchschnittlichen regionalen Stundenverrechnungssätzen markengebundener oder freie Fachwerkstätten ausgegangen wurde.
Die Grundsätze zum Ersatz der Reparaturkosten bei fiktiver Schadensberechnung beziehen sich nicht nur auf die Stundenverrechnungssätze, sondern auch auf die Kosten der Ersatzteile; diese sind typischerweise Teil der Reparaturkosten. Danach ist hier eine Schätzung der Ersatzteilkosten ohne Berücksichtigung der UPE-Aufschläge erlaubt. Die Frage der "Ersatzfähigkeit der UPE-Aufschläge" entscheidet sich nach den allgemeinen Grundsätzen zur Ersatzfähigkeit von Reparaturkosten. Danach darf der Geschädigte, sofern die Voraussetzungen für eine fiktive Schadensberechnung vorliegen, dieser grundsätzlich die üblichen Ersatzteilkosten einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legen, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat. Allerdings ist gem. § 254 Abs. 2 BGB auf der Grundlage der günstigeren Reparaturmöglichkeit abzurechnen, die sich auch daraus ergeben kann, dass die Referenzwerkstatt günstigere Ersatzteilpreise, etwa ohne solche UPE-Aufschläge, anbietet.
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