23.11.2012

Flugreisen: Schadensersatz auch bei Verlust des durch einen Mitreisenden aufgegebenen Gepäcks

Flugreisende können von dem Luftfrachtführer Schadensersatz für den Verlust ihrer Gegenstände verlangen, wenn sich diese in einem Gepäckstück befinden, das von einem auf demselben Flug Mitreisenden aufgegeben wurde. Den Nachweis hierüber haben die betroffenen Reisenden zu führen.

EuGH 22.11.2012, C-410/11
Der Sachverhalt:
Die Kläger, Herr Espada Sánchez, Frau Oviedo Gonzáles sowie ihre beiden minderjährigen Kinder, nahmen im August 2008 einen Flug der beklagten Gesellschaft Iberia von Barcelona nach Paris. Das Reisegepäck der vierköpfigen Familie war auf zwei Koffer verteilt. Diese gingen während des Fluges verloren und wurden nicht wiedergefunden. Deshalb verlangen die vier Reisenden von Iberia Schadensersatz i.H.v. 4.400 €, was 4.000 sog. Sonderziehungsrechte (SZR) entspricht (1.000 SZR je Reisenden).

SZR sind im Zusammenhang mit dem Übereinkommen von Montreal zu sehen, das vorsieht, dass der Luftfrachtführer jedem Reisenden bei Verlust von dessen Reisegepäck eine Entschädigung zu leisten hat. Diese ist auf 1.000 (SZR) begrenzt. Der Luftfrachtführer hat dem Reisenden für jedes aufgegebene Gepäckstück einen Beleg zur Gepäckidentifizierung auszuhändigen.

Das mit diesem Rechtsstreit befasste spanische Gericht möchte vom EuGH wissen, ob der Luftfrachtführer nur dem Reisenden Schadensersatz zu leisten hat, dem der Beleg zur Gepäckidentifizierung ausgehändigt wurde, oder auch dem Reisenden, der Schadensersatz für den Verlust eines von einem Mitreisenden aufgegebenen Gepäckstücks fordert.

Die Gründe:
Ein Reisender kann vom Luftfrachtführer Schadensersatz für den Verlust seiner Gegenstände fordern, die sich in einem von einem Mitreisenden aufgegebenen Gepäckstück befunden haben. Demzufolge ist nicht nur dem Reisenden Schadensersatz zu leisten, der sein eigenes Reisegepäck individuell aufgegeben hat, sondern auch dem Reisenden, dessen Gegenstände sich in dem von einem Mitreisenden, der denselben Flug genommen hat, aufgegebenen Reisegepäck befunden haben.

Die betroffenen Reisenden haben dabei nachzuweisen, dass das von einem Mitreisenden aufgegebene Reisegepäck tatsächlich Gegenstände eines anderen Reisenden desselben Flugs enthielt. Dabei kann das nationale Gericht berücksichtigen, dass diese Reisenden Familienmitglieder sind, ihre Flugscheine zusammen gekauft oder außerdem gemeinsam eingecheckt haben.

Diese Auslegung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Luftfrachtführer den Reisenden für jedes aufgegebene Gepäckstück einen Beleg zur Gepäckidentifizierung auszuhändigen haben. Das Übereinkommen von Montreal erlegt dem Luftfrachtführer nämlich lediglich eine Identifizierungspflicht auf, aus der sich aber nicht ableiten lässt, dass der Anspruch auf Entschädigung bei Verlust von Reisegepäck nur Reisenden zustünde, die mindestens ein Gepäckstück aufgegeben haben.

Dies steht auch in Einklang mit den Zielen, die mit dem Übereinkommen von Montreal verfolgt werden, nämlich den Schutz der Verbraucherinteressen bei der Beförderung im internationalen Luftverkehr zu gewährleisten und den Verbrauchern einen angemessenen Schadensersatz nach dem Grundsatz des vollen Ausgleichs zu sichern.

Linkhinweis:

Für den auf den Webseiten des EuGH veröffentlichten Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier.

EuGH PM Nr. 151 vom 22.11.2012
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