21.12.2016

Folgen einer missglückten Telefaxübermittlung

Zwar muss ein Anwalt, der eine Rechtsmittelbegründungsfrist bis zum letzten Tag ausschöpft, wegen des damit erfahrungsgemäß verbundenen Risikos erhöhte Sorgfalt aufwenden, um die Einhaltung der Frist sicherzustellen. Der erhöhte Sorgfaltsmaßstab führt aber nicht dazu, dass ein Rechtsanwalt technische Geräte stets auf ihre Funktionsfähigkeit hin überprüfen muss, ohne hierfür einen konkreten Anlass zu haben.

BGH 16.11.2016, VII ZB 35/14
Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte gegen ein landgerichtliches Urteil fristgerecht Berufung eingelegt. Ihr Prozessbevollmächtigter wollte eine Berufungsbegründung am letzten Tag der Frist gegen 23:30 Uhr per Telefax an das Gericht übermitteln. Das für den Versand vorgesehene Faxgerät war eine Woche zuvor in seiner Wohnung installiert worden und hatte beim letzten Sendevorgang - vier Tage vor dem gescheiterten Sendeversuch - einwandfrei funktioniert. Zum maßgeblichen Zeitpunkt, also um 23.30 Uhr, sei aufgrund einer technischen Störung des privaten Telefaxgerätes eine Übersendung der Berufungsbegründung an das Berufungsgericht nicht möglich gewesen.

Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Es war der Ansicht, vorliegend habe die technische Störung auf Seiten des Bevollmächtigten der Klägerin bei der Nutzung seines privaten Faxanschlusses und daher in dessen Risikosphäre gelegen. Verlasse sich der Bevollmächtigte bei der Fertigstellung und Übersendung von fristwahrenden Schriftstücken an das Gericht quasi in letzter Minute auf ein Telefaxgerät, so müsse er dessen Funktionieren so rechtzeitig sicherstellen, dass er bei einer eventuellen Störung der Telefaxverbindung andere noch mögliche und zumutbare Maßnahmen für einen sicheren Zugang des fristwahrenden Schriftsatzes beim zuständigen Gericht ergreifen könne.

Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin hob der BGH den Beschluss des OLG auf und wies die Sache zur erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurück.

Die Gründe:
Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung konnte der Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten nicht zurückgewiesen werden.

Zwar muss ein Anwalt, der eine Rechtsmittelbegründungsfrist bis zum letzten Tag ausschöpft, wegen des damit erfahrungsgemäß verbundenen Risikos erhöhte Sorgfalt aufwenden, um die Einhaltung der Frist sicherzustellen. Soweit jedoch das Berufungsgericht meinte, diesen Sorgfaltsmaßstab habe der Rechtsanwalt der Klägerin missachtet, weil er sein privates Faxgerät im Laufe des maßgeblichen Tages nicht auf seine Funktionsfähigkeit hin überprüft habe, ist das unzutreffend. Der erhöhte Sorgfaltsmaßstab führt nämlich nicht dazu, dass ein Rechtsanwalt technische Geräte stets auf ihre Funktionsfähigkeit hin überprüfen muss, ohne hierfür einen konkreten Anlass zu haben.

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