Formularzwang im Europäischen Nachlassrecht?
OLG Köln 6.2.2017, 2 Wx 276/17In der Sache geht es um den Nachlass einer im Alter von 95 Jahren verstorbenen Frau, die mit notariellem Testament eine kirchliche Einrichtung in Italien als Erbin eingesetzt hatte. Da Teile des Vermögens im Ausland liegen, beantragte der von der Erblasserin bestimmte Testamentsvollstrecker ein sog. Europäisches Nachlasszeugnis. Dieses Dokument weist den Status von Erben und Testamentsvollstreckern auch in anderen Mitgliedstaaten der EU nach und hilft ihnen, ihre Befugnisse im Ausland auszuüben.
Nach einer Europäischen Durchführungsverordnung (Nr. 1329/2014) ist für den Antrag auf Ausstellung eines Europäischen Nachlasszeugnisses ein bestimmtes Formblatt zu verwenden. Weil der Testamentsvollstrecker sich weigerte, den Antrag auf diesem Formblatt einzureichen, Lehnte das AG - Nachlassgericht - den entsprechenden Antrag ab.
Das OLG setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob für die Beantragung eines sog. Europäischen Nachlasszeugnisses zwingend ein in der entsprechenden Durchführungsverordnung vorgesehenes Formblatt benutzt werden muss.
Die Gründe:
Es stellt sich die Frage, ob sich aus europäischem Recht tatsächlich der Zwang zur Benutzung des Formulars ergibt. Die Europäische Durchführungsverordnung Nr. 1329/2014 sieht zwar die Benutzung des Formblattes zwingend vor. Die Verordnung dient aber der Durchführung der EU-Erbrechtsverordnung (Nr. 650/2012). Art. 65 Abs. 2 der EU-Erbrechtsverordnung regelt, dass das Formblatt verwendet werden "kann". Dementsprechend sehen auch große Teile der rechtswissenschaftlichen Literatur in Deutschland die Benutzung des Formulars als fakultative Möglichkeit und nicht als zwingend an.
Da es sich um eine Frage des europäischen Rechts handelt, die alle Mitgliedstaaten gleichermaßen betrifft, war die Frage dem EuGH vorzulegen, damit dieser sie beantwortet. Bis zur Entscheidung des EuGH wird das vorliegende Verfahren in Deutschland ausgesetzt.