Fragen zur Syndikusrechtsanwaltszulassung
AGH NRW 28.10.2016, 1 AGH 33/16Die beklagte Rechtsanwaltskammer Köln hatte den beigeladenen Rechtsanwalt im Jahr 1994 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Im Jahr 1995 wurde der Rechtsanwalt angestellter juristischer Sachbearbeiter bei einer Versicherung. Seit 2001 ist er bei dieser als Gruppenleiter einer Abteilung für Firmenkunden mit dem Bereich Schaden/Haftpflicht für Groß- und Spezialschäden tätig. Seit 2002 ist er leitender Handlungsbevollmächtigter.
Auf Veranlassung der klagenden Rentenversicherung meldete die Arbeitgeberin den Rechtsanwalt mit Wirkung zum 1.1.2015 zur Rentenversicherung an. Ein Jahr später beantragte der Rechtsanwalt die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt für seine Tätigkeit bei der Versicherung. Im Mai 2016 entsprach die beklagte Rechtsanwaltskammer dem Antrag.
Gegen den Zulassungsbescheid wandte sich die Klägerin. Sie war der Ansicht, dass die Voraussetzungen eines Syndikusrechtsanwalts nicht vorlägen, so dass für den Rechtsanwalt weiterhin Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu entrichten seien. Er könne sich nicht von der allgemeinen Rentenversicherungspflicht befreien lassen, um ausschließlich Beiträge zum Versorgungswerk der Rechtsanwälte zu leisten.
Die Anfechtungsklage blieb vor dem AGH erfolglos. Das Urteil ist rechtskräftig.
Die Gründe:
Die beklagte Rechtsanwaltskammer hatte den Beigeladenen zu Recht als Syndikusrechtsanwalt zugelassen.
Das Arbeitsverhältnis des Rechtsanwaltes war durch eine fachlich unabhängige und eigenverantwortlich ausgeübte anwaltliche Tätigkeit geprägt und erfüllte die Voraussetzungen der §§ 46, 46a BRAO für seine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt. Entgegen der Ansicht der Klägerin nahm der Rechtsanwalt im vorliegenden Fall nicht im Schwerpunkt leitende und steuernde Aufgaben wahr, die lediglich eine kaufmännische Ausbildung erfordern. Aufgrund des übertragenen Aufgabenbereichs erwartet seine Arbeitgeberin vielmehr eine volljuristische Ausbildung mit tiefgreifenden Kenntnissen im Haftungs- und Versicherungsrecht. Diesen Anforderungen genügt der Beigeladene als "Fachanwalt für Versicherungsrecht".
Bei der vertraglich vereinbarten Tätigkeit des Beigeladenen handelt es sich auch um eine anwaltliche Tätigkeit i.S.d. BRAO. So klärt der Beigeladene Sachverhalte auf, prüft Rechtsfragen und erarbeitet Lösungsmöglichkeiten. Seine Tätigkeit ist zudem auf die Gestaltung von Rechtsverhältnissen, insbesondere durch das selbstständige Führen von Verhandlungen, und auf das Verwirklichen von Rechten ausgerichtet. Diese anwaltliche Tätigkeit prägt das bestehende Beschäftigungsverhältnis. Gemessen an seiner Gesamtarbeitszeit fallen die organisatorischen Aufgaben und die Erledigung von Aufgaben der Personalführung nicht wesentlich ins Gewicht.
Der Beigeladene übt seine anwaltliche Tätigkeit letztlich auch unabhängig und eigenverantwortlich aus. Das ist zum einen in einem Nachtrag zu seinem Arbeitsvertrag ausdrücklich vereinbart und ergibt sich zum anderen aus der dem Arbeitsvertrag zugrunde liegenden Tätigkeitsbeschreibung. Anhaltspunkte dafür, dass die Tätigkeit des Beigeladenen durch Vorgaben der Versicherung gesteuert und reglementiert werden, waren nicht zu erkennen.
Hintergrund:
Nach weiteren Entscheidungen des AGH NRW können als Syndikusrechtsanwalt bzw. Syndikusrechtsanwältin zuzulassen sein:
- ein als Referent und Stellvertreter des geschäftsführenden Direktors bei einem Theaterunternehmen angestellter Jurist (Urt. v. 28.10.2017, Az. 1 AGH 27/16)
- eine in den Bereichen Firmenschadensersatz und Betriebshaftpflicht bei einem Versicherungsunternehmen angestellte Juristin (Urt. v. 28.10.2017, Az. 1 AGH 34/16)
- eine als Assistentin der Geschäftsleitung bei einem Unternehmen, das mit Kosmetika und Haarpflegeprodukten handelt, angestellte Juristin (Urt. v. 6.12.2016, Az. 1 AGH 57/16 - rechtskräftig)
- ein bei einem Rückdeckungsverband deutscher Kommunalversicherer als Syndikusrechtsanwalt angestellter Jurist (Urt. v. 16.12.2016, Az. 1 AGH 56/16)
Linkhinweis:
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