17.07.2015

Gemeinde haftet für Unfall eines Motorradfahrers auf Rollsplitt bei fehlendem Warnzeichen

Stürzt ein Motorradfahrer auf Rollsplitt im Kurvenbereich einer Gemeindestraße, haftet die Gemeinde für seine Schäden, wenn sich kein Warnhinweis unmittelbar vor der Unfallstelle befand. Allerdings muss sich der Motorradfahrer ein Mitverschulden anrechnen lassen, wenn ein paar Kurven vor der Unfallstelle ein Gefahrstellenschild stand.

Schleswig-Holsteinisches OLG 18.6.2015, 7 U 143/14
Der Sachverhalt:
Die beklagte Gemeinde hatte auf einer Gemeindestraße Straßenausbesserungsarbeiten durch ein beauftragtes Unternehmen durchführen lassen. Dieses verwendete u.a. Rollsplitt. Knapp eine Woche nach Beendigung der Arbeiten ließ das Unternehmen die zuvor aufgestellten Warnschilder "Splitt" und "Rollsplitt" entfernen. Es verblieb lediglich ein Warnschild (Zeichen 101 Gefahrstelle), das mehrere Kurven vor der Unfallstelle aufgestellt wurde.

Der Kläger befuhr mit seinem Motorrad Yamaha bei Tageslicht die Straße und stürzte im Bereich einer rechten Kurve auf Rollsplitt. Er hatte beim Verlassen des Kurvenbereichs sein Motorrad beschleunigt. Er erlitt u.a. Verletzungen an der Hand und am Knie und wurde in der Folge dreimal operiert. In der Folgezeit verlangte der Kläger Schadensersatz und Schmerzensgeld von der Beklagten.

Das OLG erkannte eine Haftung der Gemeinde für 2/3 der Schäden an.

Die Gründe:
Die Gemeinde haftet als Träger der Straßenbaulast auf Schadensersatz und Schmerzensgeld i.H.v. 4000 €.

Auch wenn die Beklagte die konkret durchzuführenden Arbeiten auf ein anderes Unternehmen übertragen hatte, behielt sie ihre Aufsichts- und Überwachungspflichten, die sie im vorliegenden Fall verletzte. Schließlich hatte das beauftragte Unternehmen nach Durchführung der Bauarbeiten die auf Rollsplitt hinweisenden Schilder mit Ausnahme des Schildes ein paar Kurven vor der Unfallstelle unmittelbar vor dem Unfall abbauen lassen. Der Rollsplitt war zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht in der Weise beseitigt, dass keine Gefährdung der Verkehrsteilnehmer mehr bestand.

Den Kläger traf allerdings haftungsrechtlich ein Mitverschulden. Dieses ergab sich aus der von dem Motorrad ausgehenden Betriebsgefahr, die durch einen Fahrfehler des Motorradfahrers erhöht wurde. Denn der Motorradfahrer hatte sein Motorrad im Kurvenbereich zum Beschleunigen hochgeschaltet und damit eine vermeidbare Gefahrerhöhung geschaffen. Zwar war der auf der Straße befindliche Rollsplitt für den Motorradfahrer vor und bei Befahren der Rechtskurve optisch nicht erkennbar. Jedoch hätte für den Motorradfahrer das ein paar Kurven vor der Unfallstelle auf eine Gefahrenstelle hinweisende Verkehrszeichen Anlass sein müssen im Bereich der Rechtskurve das Motorrad nicht zu beschleunigen. Insofern hätte das Schild eine Warnung sein müssen, dass auch mit einigem zeitlichen Abstand noch Gefahrenstellen auftreten können.

Zudem war aufgrund des optischen Eindrucks für den Benutzer der Straße erkennbar, dass im Unfallbereich Ausbesserungsarbeiten stattgefunden hatten, die zu besonderer Vorsicht hätten Anlass geben müssen. Denn der ausgebesserte Bereich war deutlich dunkler gefärbt als der übrige Straßenbelag. Infolgedessen führte das Mitverschulden des Motorradfahrers zu einer Haftungsverteilung von 1/3 zu seinen Lasten und 2/3 zu Lasten der Gemeinde.

Schleswig-Holsteinisches OLG PM Nr. 8 vom 15.7.2015
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