21.12.2017

Geschäftsführerhaftung für Einfuhrumsatzsteuer

Wird die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer GmbH beantragt und ein vorläufiger Insolvenzverwalter unter Anordnung eines allgemeinen Zustimmungsvorbehalts bestellt, verbleibt die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis gleichwohl beim gesetzlichen Vertreter der GmbH.

Kurzbesprechung
BFH v. 26.9. 2017 - VII R 40/16

ZK Art. 224, Art. 226 Buchst. b
AO § 34 Abs. 1, § 69, § 191 Abs. 1 Satz 1
InsO § 21 Abs. 2 Nr. 2, § 55 Abs. 4
GmbHG § 64
UStG § 21 Abs. 3

Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet, kann nach § 191 Abs. 1 Satz 1 AO durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden. Nach § 69 Satz 1 AO haften die in §§ 34 und 35 AO bezeichneten Personen, soweit (u.a.) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig erfüllt werden. Im Streitfall hatte der GmbH - Geschäftsführer als gesetzlicher Vertreter der GmbH gemäß § 34 Abs.1 AO deren steuerliche Pflichten zu erfüllen, insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den für die GmbH verwalteten Mitteln entrichtet werden.

Diese Pflicht war verletzt worden, da die für die Einfuhren der GmbH im Monat Februar 2011 entstandene Einfuhrumsatzsteuer nicht rechtzeitig im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit am 16.3. 2011 gezahlt worden war. Der Pflichtverletzung stand auch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht entgegen. Denn wird die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer GmbH beantragt und ein vorläufiger Insolvenzverwalter unter Anordnung eines allgemeinen Zustimmungsvorbehalts bestellt, verbleibt dennoch die Verwaltungs  und Verfügungsbefugnis beim gesetzlichen Vertreter der GmbH. Er wird durch den vorläufigen Insolvenzverwalter nicht aus seiner Pflichtenstellung verdrängt und hat daher weiterhin dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln der GmbH entrichtet werden.

Ist -wie im Streitfall - für Einfuhrabgaben ein laufender Zahlungsaufschub gewährt worden, sind diese am Fälligkeitstag vorrangig ohne Rücksicht auf das Bestehen etwaiger anderer Zahlungsverpflichtungen zu entrichten. In diesem Fall ist daher auf die Haftung des GmbH-Geschäftsführers für die Einfuhrabgaben der sog. Grundsatz der anteiligen Tilgung nicht anzuwenden.

Beraterhinweis: Der BFH konnte im Streitfall offen lassen, ob bei einem angeordneten Zustimmungsvorbehalt gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 2 2.Alternative InsO ein Verschulden des GmbH-Geschäftsführers i.S. des § 69 Satz 1 AO zu verneinen ist, wenn er trotz fortbestehender Verfügungsbefugnis und vorhandener finanzieller Mittel die Begleichung der Steuerschuld in einem Fall unterlässt, in dem der vorläufige Insolvenzverwalter die erbetene Einwilligung hierzu versagt und deutlich zu erkennen gibt, eine getroffene Verfügung auch nicht genehmigen zu wollen.

BFH, Urteil vom 26.9.2017, VII R 40/16, veröffentlicht am 20.12.2017.

Verlag Dr. Otto Schmidt