Gescheiterte Bebauungsplanung: Stadt schuldet keinen Schadensersatz
OLG Hamm 4.2.2015, 11 U 35/14Der Kläger ist Bauunternehmer, die Beklagte ist eine Stadt im Sauerland. Im April 2011 schlossen die Parteien einen Städtebaulichen Vertrag und Erschließungsvertrag nach den §§ 11, 124 BauGB. Der Kläger übernahm die Planung und Herstellung von Erschließungsanlagen im Geltungsbereich des zur Aufstellung vorgesehenen Bebauungsplans für ein von ihm zu erwerbendes Grundstück im Stadtgebiet der Beklagten. Die Beklagte ihrerseits war am Erwerb eines im Stadtgebiet gelegenen Grundstücks des Klägers interessiert. Die Aufstellung des Bebauungsplans und die Veräußerung des klägerischen Grundstücks unterblieben in der Folgezeit, so dass der von den Parteien abgeschlossene Vertrag nicht mehr zur Durchführung gelangte.
Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte habe gegen die Amtspflicht zu konsequentem Verhalten und gegen das Koppelungsverbot verstoßen, weil sie die Einleitung der Bauleitplanung nachträglich vom Nachweis der Erwerbsmöglichkeit der Baugrundstücke durch ihn sowie von dem Verkauf seines Grundstücks an sie abhängig gemacht habe. Von der Beklagten verlangte er deswegen rd. 50.000 € Schadensersatz.
Das LG gab der Klage statt. Auf die Berufung der Beklagten änderte das OLG das Urteil ab und wies die Klage ab.
Die Gründe:
Es konnte nicht festgestellt werden, dass die infrage stehenden Pflichtverletzungen der Beklagten den Kläger geschädigt haben.
Es sprechen zwar Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte ihre Pflicht zum rechtmäßigen Verwaltungshandeln verletzt hat, indem ihr Bürgermeister die Fortsetzung der Bauleitplanung davon abhängig gemacht hat, dass die Beklagte das klägerische Grundstück einem - zuvor formnichtig abgeschlossenen "Handschlagvertrag" entsprechend - formwirksam erwerben könne. Es verstößt gegen das Koppelungsverbot, wenn eine Stadt das Vorantreiben der Bauleitplanung von der Veräußerung eines anderweitigen Grundstücks abhängig macht. Die infrage stehende Pflichtverletzung konnte hier aber letztlich offen bleiben. Denn sie hat jedenfalls nicht zu dem vom Kläger geltend gemachten Schaden geführt.
Er spricht keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Kläger bei pflichtgemäßem Handeln des Bürgermeisters keinen Schaden erlitten hätte. In diesem Fall ist zwar davon auszugehen, dass die Verwaltung der Beklagten die Aufstellung des Bebauungsplans mit einer Ratsvorlage weiter vorangetrieben hätte. Angesichts des umfassenden Entschließungsermessens des Rates bei der Bauleitplanung erscheint es allerdings offen, ob der Rat am Ende tatsächlich einen rechtsgültigen Bebauungsplan verabschiedet hätte. Darüber hinaus ist es nicht gesichert, ob es bei der gebotenen Anhörung der Anwohner im Baugebiet keine relevanten Einwendungen gegen die Planung gegeben hätte. Im Übrigen war auch nicht sichergestellt, dass der Kläger die infrage stehenden Baugrundstücke hätte erwerben können. Die vom Kläger erhoffte Bauleitplanung hätte daher auch aus anderen, vom in Frage stehenden Verhalten des Bürgermeisters unabhängigen Gründen scheitern können.
Schließlich haftet die Beklagte auch nicht deswegen, weil sie berechtigtes Vertrauen des Klägers im Vorfeld der Vertragsunterzeichnung vom April 2011 enttäuscht bzw. insofern ihre Amtspflicht zu konsequentem Verhalten verletzt hat. Dass die Beklagte vom Kläger den Nachweis seiner Erwerbsmöglichkeit der Baugrundstücke verlangt hat, war spätestens zu Beginn des Jahres 2012 gerechtfertigt, als die Erwerbsverhandlungen des Klägers mit dem Grundstückseigentümer ins Stocken geraten sind.