Gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung der Schuldzinsen bei Cash-Pooling
KurzbesprechungGewStG § 8 Nr. 1 Buchst. a
HGB § 355 Abs. 2
BGB § 488
Die Steuerpflichtige ist eine GmbH und Teil einer Unternehmensgruppe. Die Gesellschaften der Gruppe beteiligten sich zur Zins- und Finanzierungsoptimierung an einer Liquiditätsbündelung ihrer Konten (Cash-Pooling). Hierzu unterhielten die Steuerpflichtige und die anderen Tochterunternehmen bei verschiedenen Kreditinstituten Quellkonten und die Muttergesellschaft zu jedem dieser Quellkonten ein paralleles Zielkonto. Die Konten wurden in unterschiedlichen Währungen geführt. Der Saldo jedes Quellkontos der Steuerpflichtigen wurde bankarbeitstäglich auf Null gestellt, indem ein etwaiges Guthaben auf das Zielkonto der Muttergesellschaft überwiesen wurde oder ein etwaiger Negativsaldo durch eine Überweisung vom Zielkonto der Muttergesellschaft ausgeglichen wurde. Die dadurch entstehenden wechselseitigen Verbindlichkeiten zwischen der Steuerpflichtigen und der Muttergesellschaft wurden mit 5,5 % p.a. verzinst.
In ihrer Buchhaltung führte die Steuerpflichtige für jedes Quellkonto ein gesondertes Verrechnungskonto, berechnete täglich die Zinsen und buchte diese monatlich saldiert als Aufwand oder Ertrag. In ihrem auf dem 31.12.2010 aufgestellten Jahresabschluss nahm die Steuerpflichtige eine Saldierung von Zinsaufwendungen und -erträgen vor und erfasste im Ergebnis keine Zinsaufwendungen. Entsprechend erklärte sie in ihrer Gewerbesteuererklärung für 2010 keine Zinsaufwendungen aus dem Cash-Pool. Das FA war hingegen der Auffassung, dass eine Saldierung der Zinsaufwendungen und -erträge aus dem Cash-Pool unzulässig sei.
Dies sieht der BFH jedoch anders und hält eine Verrechnung der Zinsaufwendungen und -erträge für möglich. Er hob die anders lautende Entscheidung des FG auf und verwies den Streitfall an die Vorinstanz zur weiteren Sachaufklärung und erneuten Entscheidung zurück.
Der BFH entschied, dass zwar hinsichtlich der gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnung von Schuldzinsen grundsätzlich ein Saldierungsverbot besteht, aufgrund dessen weder die mehreren Schuldverhältnisse noch die daraus entstehenden Schuldzinsen miteinander verrechnet werden dürfen.
Ausnahmsweise können wechselseitig zwischen zwei Personen gegebene Darlehen gewerbesteuerrechtlich aber als einheitliches Darlehensverhältnis beurteilt werden, wenn sie gleichartig sind, derselben Zweckbestimmung dienen und regelmäßig tatsächlich miteinander verrechnet werden. Diese Voraussetzungen lagen im Streitfall vor. Deshalb können sämtliche in den Cash-Pool einbezogenen Quellkonten bankarbeitstäglich miteinander verrechnet werden. Der dann entstehende Saldo ist fortzuschreiben, indem er mit dem Saldo verrechnet wird, der sich am jeweiligen Folgetag ergibt. Nur soweit danach am jeweiligen Tag ein Schuldsaldo zu Lasten der Steuerpflichtigen verbleibt, ist der darauf entfallende Zins ein hinzurechnungsfähiges Entgelt im Sinne des Gewerbesteuerrechts. Ein solcher Schuldsaldo entfällt auch nicht dadurch, dass an einem späteren Tag ein Guthabensaldo zugunsten der Steuerpflichtigen entsteht.
Die Zurückverweisung an die Vorinstanz erfolgte, weil das FG für die insoweit notwendigen Berechnungen noch keine hinreichenden tatsächlichen Feststellungen getroffen hatte.
BFH, Urteil vom 11.10.2018, III R 37/17, veröffentlicht am 6.3.2019.