Gläubiger können durch Beschränkung des Vollstreckungsauftrags auf Zuleitung eines Ausdrucks des letzten Vermögensverzeichnisses verzichten
BGH 27.10.2016, I ZB 21/16Im Juni 2015 hatte die Gläubigerin beantragt, der Schuldnerin gem. § 802f ZPO die Vermögensauskunft abzunehmen. In dem Antrag bestimmte sie:
Sollte der Schuldner innerhalb der letzten zwei Jahre nach altem Recht des § 807 ZPO oder der letzten zwei Jahre gem. § 802c ZPO eine Vermögensauskunft abgegeben haben, so wird beantragt, dem Gläubiger einen Abdruck des beim Gericht bzw. beim zentralen Vollstreckungsgericht hinterlegten Vermögensverzeichnisses zuzuleiten, wenn das Verzeichnis nicht älter als zwölf Monate ist. Bei einem älteren Verzeichnis erfolgt Antragsrücknahme. Ist das Verzeichnis älter, wird um Mitteilung gebeten, wann und wo die Vermögensauskunft abgegeben wurde.
Der Gerichtsvollzieher lehnte allerdings die Durchführung des Auftrags ab. Er war der Ansicht, dass weder die Vermögensauskunft noch die Erteilung einer Abschrift des Vermögensverzeichnisses an eine Bedingung geknüpft werden könne. Das AG wies die hiergegen gerichtete Erinnerung der Gläubigerin zurück. Die beim LG eingelegte sofortige Beschwerde der Gläubigerin blieb ohne Erfolg. Auf ihre zugelassene Rechtsbeschwerde hob der BGH den Beschluss des LG auf und wies den Gerichtsvollzieher an, den Vollstreckungsauftrag der Gläubigerin auszuführen.
Die Gründe:
Das LG hatte zu Unrecht angenommen, dass der Vollstreckungsauftrag der Gläubigerin unter einer unzulässigen Bedingung stehe, wenn sie eine Abschrift des Vermögensverzeichnisses nur für den Fall beantrage, dass dieses Verzeichnis nicht älter
als zwölf Monate sei.
Es ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten, ob der Gläubiger auf die Übersendung des früheren Vermögensverzeichnisses gem. § 802d ZPO verzichten oder den Zwangsvollstreckungsauftrag in der Weise beschränken kann, dass der Gerichtsvollzieher von der Übersendung eines älteren, etwa mehr als sechs oder zwölf Monate alten, Vermögensverzeichnisses absehen muss. Nach Ansicht des Senats dient das Vollstreckungsverfahren allerdings der Durchsetzung der Gläubigerinteressen. Dementsprechend gilt die Dispositionsmaxime. Somit bestimmt der Gläubiger Beginn, Art und Ausmaß des Vollstreckungszugriffs und kann seine Vollstreckungsanträge jederzeit zurücknehmen.
Ist der Gläubiger befugt, das Verfahren jederzeit zum Stillstand zu bringen oder seinen Vollstreckungsantrag zurückzunehmen, ist ihm grundsätzlich auch nicht verwehrt, seinen Vollstreckungsauftrag von vornherein in einer Weise zu beschränken, die der Gerichtsvollzieher ohne weiteres überprüfen kann. Anders als das Beschwerdegericht meint, kommt es nicht darauf an, ob es sich dabei um eine Bedingung i.S.d. § 158 BGB handelt, also um ein zukünftiges, ungewisses Ereignis. Gibt es keine abweichenden Vorschriften, kann ein Vollstreckungsauftrag vielmehr auch an einen schon bestehenden Umstand anknüpfen, von dem der Gläubiger keine Kenntnis haben kann, der für den Gerichtsvollzieher jedoch ohne weiteres erkennbar ist.
Dem Wortlaut des § 802d Abs. 1 S. 2 ZPO ist auch nicht zu entnehmen, dass dem Gläubiger gegen seinen Willen eine Abschrift des bereits abgegebenen Vermögensverzeichnisses zu übersenden ist. Der in dieser Vorschrift angeordnete Automatismus dient vielmehr allein der Verfahrensbeschleunigung und beschreibt den weiteren Verfahrensverlauf bei unverändert fortdauerndem Vollstreckungsauftrag. Dadurch wird im Gläubigerinteresse vermieden, dass der Gerichtsvollzieher nach Feststellung der Nichteinhaltung der Sperrfrist zunächst überprüfen müsste, ob der Gläubiger die Zuleitung des Vermögensverzeichnisses wünscht. Davon wird das in der Dispositionsbefugnis begründete Recht des Gläubigers nicht berührt, seinen Vollstreckungsauftrag zurückzunehmen oder einzuschränken. Etwas anderes ergibt sich letztlich auch nicht aus der Gesetzesbegründung.
Linkhinweise:
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