08.08.2019

Grunderwerbsteuerbefreiung bei Öffentlich Privater Partnerschaft

§ 4 Nr. 9 GrEStG a.F. (jetzt § 4 Nr. 5 GrEStG) ist auf Rückerwerbsfälle anwendbar, in denen ein Grundstück vor Inkrafttreten dieser Norm im Rahmen einer Öffentlich Privaten Partnerschaft auf den privaten Partner übertragen wurde, die Rückübertragung des Grundstücks aber für einen nach Einführung dieser Norm liegenden Zeitpunkt vereinbart war. Eine Öffentlich Private Partnerschaft nach § 4 Nr. 9 GrEStG a.F. erfordert eine Kooperation zwischen dem privaten und dem öffentlich-rechtlichen Partner i.S. einer Beteiligung des privaten Partners an der Erbringung öffentlicher Aufgaben. Die nach § 4 Nr. 9 GrEStG a.F. erforderliche Vereinbarung, dass das Grundstück am Ende des Vertragszeitraums einer Öffentlich Privaten Partnerschaft auf die juristische Person des öffentlichen Rechts zurückübertragen wird, muss klar und eindeutig sein.

Kurzbesprechung
BFH v.10.04.2019 - II R 16/17

GrEStG § 4 Nr. 9

Nach § 4 Nr. 9 Satz 1 GrEStG a.F. ist der Erwerb eines Grundstücks von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts sowie der Rückerwerb des Grundstücks durch die juristische Person des öffentlichen Rechts von der Besteuerung des Grunderwerbs ausgenommen, wenn das Grundstück im Rahmen einer ÖPP für einen öffentlichen Dienst oder Gebrauch i.S. des § 3 Abs. 2 GrStG benutzt wird und zwischen dem Erwerber und der juristischen Person des öffentlichen Rechts die Rückübertragung des Grundstücks am Ende des Vertragszeitraums vereinbart worden ist.

§ 4 Nr. 9 GrEStG a.F. ist auf Rückerwerbsfälle anwendbar, in denen ein Grundstück vor Inkrafttreten dieser Befreiungsvorschrift im Rahmen einer ÖPP auf den privaten Partner übertragen wurde, die Rückübertragung des Grundstücks aber für einen nach Einführung dieser Norm liegenden Zeitpunkt vereinbart war.

Der Begriff des Grundstücks i.S. des § 4 Nr. 9 GrEStG a.F. wird nicht gesondert definiert und ist daher übereinstimmend mit § 2 GrEStG auszulegen. Da nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG ein Erbbaurecht einem Grundstück gleichsteht, umfasst er somit auch Erbbaurechte.

Das Grundstück muss im Rahmen einer ÖPP für einen öffentlichen Dienst oder Gebrauch i.S. des § 3 Abs. 2 GrStG benutzt werden. Der Begriff ÖPP ist gesetzlich nicht definiert. ÖPP heißt nach der Begründung des Entwurfs des ÖPPBeschlG Kooperation von öffentlicher Hand und privater Wirtschaft beim Entwerfen, bei der Planung, Erstellung, Finanzierung, dem Management, dem Betreiben und dem Verwerten von bislang in staatlicher Verantwortung erbrachten öffentlichen Leistungen. Im Rahmen einer ÖPP verpflichtet sich ein privater Unternehmer gegenüber der öffentlichen Hand typischerweise dazu, eine bestimmte Investition durchzuführen und das Investitionsobjekt über einen gewissen Zeitraum zu betreiben und zu erhalten.

Voraussetzung ist eine Kooperation zwischen dem öffentlich-rechtlichen und dem privaten Partner. Das Bestehen eines Erbbaurechts an einem Grundstück, das einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts gehört, begründet für sich genommen keine ÖPP. Auch eine Finanzierung allein wie die Gewährung von - besicherten - Kreditmitteln ohne weitere Verpflichtungen des privaten Partners reicht dafür nicht. Es müssen vielmehr weitere Verflechtungen zwischen den Parteien einer ÖPP gegeben sein; der Private muss sich an der Erbringung öffentlicher Aufgaben beteiligen.

Öffentlicher Dienst oder Gebrauch i.S. der Norm ist die hoheitliche Tätigkeit oder der bestimmungsgemäße Gebrauch durch die Allgemeinheit (§ 3 Abs. 2 GrStG). Hoheitliche Tätigkeit bedeutet die Erfüllung von Hoheitsaufgaben; es muss sich um Aufgaben handeln, die der juristischen Person des öffentlichen Rechts eigentümlich und ihr vorbehalten sind.

Weiteres Kriterium für die Befreiung nach § 4 Nr. 9 GrEStG a.F. ist die Vereinbarung der Rückübertragung des Grundstücks am Ende des Vertragszeitraums auf die juristische Person des öffentlichen Rechts. Unter Vertragszeitraum i.S. des § 4 Nr. 9 Satz 1 GrEStG a.F. ist der Zeitraum zu verstehen, in dem die vertraglich vereinbarte ÖPP besteht. Die Partner der ÖPP müssen klar und eindeutig die Rückübertragung des Grundstücks auf den öffentlich-rechtlichen Partner am Ende des Vertragszeitraums vereinbart haben. Dieses Kriterium wird nicht erfüllt, wenn sich ein Partner der ÖPP lediglich eine Option für die Rückübertragung an den öffentlich-rechtlichen Partner einräumen lässt. In diesem Fall ist nicht gesichert, dass am Ende des Vertragszeitraums tatsächlich eine Rückübertragung erfolgt.

Im Falle eines Erbbaurechts müssen die Partner der ÖPP vereinbart haben, dass das Erbbaurecht am Ende des Vertragszeitraums der ÖPP auf den öffentlich-rechtlichen Partner rückübertragen wird. Bloße Wahrscheinlichkeitserwägungen genügen den gesetzlichen Anforderungen hingegen nicht. Nicht ausreichend ist es daher, wenn dem privaten Partner am Ende des Vertragszeitraums lediglich ein Kaufangebot des öffentlich-rechtlichen Partners für das Erbbaurecht vorliegt und die Annahme dieses Angebots allein vom privaten Partner abhängt. Durch eine solche Vereinbarung wird nicht sichergestellt, dass der private Partner das Kaufangebot des öffentlich-rechtlichen Partners für das Erbbaurecht am Ende des Zeitraums der vertraglich vereinbarten ÖPP annimmt.

Ob im Falle der Nichtausübung der Option eine weitere Nutzung des Erbbaurechts für den öffentlichen Gebrauch oder Dienst nach Ablauf des Vertragszeitraums bis zum Erlöschen des Erbbaurechts möglich ist, ist nach dem Wortlaut des § 4 Nr. 9 Satz 1 GrEStG a.F. nicht maßgeblich. Unerheblich ist auch, aus welchen Gründen die Partner einer ÖPP eine Vertragsgestaltung gewählt haben, die die Voraussetzungen des § 4 Nr. 9 Satz 1 GrEStG a.F. nicht erfüllt.

Vor diesem Hintergrund lagen im Streitfall die Voraussetzungen der Steuerbefreiung gemäß § 4 Nr. 9 GrEStG a.F. nicht vor. Denn der Vertrag, der ggf. eine ÖPP begründet hatte, war zum 31.12. 2013 beendet worden. Zu diesem Zeitpunkt war die Rückübertragung des Erbbaurechts jedoch nicht fest vereinbart.

BFH, Urteil vom 10.4.2019, II R 16/17, veröffentlicht am 8.8.2019.
 
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