02.12.2016

Haftung des Hufschmieds beim Beschlagen eines Pferdes

Es ist ein höchst seltenes Geschehen, dass eine chronische Lahmheit durch ein einmaliges fehlerhaftes Beschlagen eines Hufes auftritt. Was den Gesichtspunkt eines "groben Behandlungsfehlers" betrifft, gelten für den Hufschmied die Grundsätze, die der BGH für die Haftung von Humanmedizinern aufgestellt hat.

OLG Hamm 2.9.2016, 19 U 129/15
Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte im Jahr 2006 für 14.500 € ein Springpferd gekauft und mit diesem auf nationalen und internationalen Turnieren Preisgelder von über 15.000 € gewonnen. Während der Turniere wurde das Tier jeweils im Rahmen eines "Vet-Check" ohne Befund auf Lahmheit hin untersucht. Im Jahr 2009 beschnitt der beklagte Hufschmied die Hufe mittels "Heißbeschlags". Hierbei schnitt er einen Huf zu kurz aus. Danach lahmte das Pferd, dessen Wert nach Ansicht des Klägers zwischenzeitlich auf 350.000 € gestiegen war. Trotz der chronischen Lahmheit setzte der Kläger das Pferd im Jahr 2012 noch bei einem Dressurwettbewerb ein. Anfang 2013 ließ er es einschläfern.

Infolgedessen machte der Kläger gegen den Beklagten Schadensersatzansprüche i.H.v. 350.000 € wegen Springuntauglichkeit und damit Wertlosigkeit seines Pferdes aufgrund einer vom Beklagten fehlerhaft vorgenommenen Hufschmiedbehandlung geltend. Das LG wies die Klage ab. Auch die Berufung des Klägers vor dem OLG blieb erfolglos. Die Revision wurde nicht zugelassen. Es wurde aber Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH eingelegt.

Die Gründe:
Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 631, 633 Abs. 2 Nr. 2, 634 Nr. 4, 636, 280 Abs. 1 BGB oder einem anderen Rechtsgrund.

Wenn nach einer fehlerhaften Beschneidung und Beschlagung durch einen Hufschmied das vorher erfolgreiche und als gesund getestete Turnierpferd lahmt, dann ist zwar nach der Lebenserfahrung davon auszugehen, dass die fehlerhafte Behandlung durch den Hufschmied auch ursächlich für die Springuntauglichkeit des Pferdes war. Dieser Anscheinsbeweis war aber vom Beklagten im konkreten Fall entkräftet worden. Denn es bestand die ernsthafte Möglichkeit, dass das Pferd alleine aufgrund degenerativer Veränderungen chronisch lahm geworden war.

Der gerichtliche Sachverständige hatte auf den Röntgenbildern des Pferdes degenerative Veränderungen gefunden, die die wahrscheinliche Ursache für die chronische Lahmheit gewesen waren. Ein Zusammenhang mit der Hufbehandlung war insofern unwahrscheinlich, denn es ist ein höchst seltenes Geschehen, dass eine chronische Lahmheit durch ein einmaliges fehlerhaftes Beschlagen eines Hufes auftritt. Außerdem war auch an anderen Beinen eine Lahmheit aufgetreten, die mit Sicherheit nicht Folge des Beschlagens war. Die damit verbliebene Unsicherheit fiel dabei dem beweisbelasteten Kläger zur Last.

Der Beklagte haftete auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines "groben Behandlungsfehlers". Denn insoweit gelten für den Hufschmied die Grundsätze, die der BGH für die Haftung von Humanmedizinern aufgestellt hat. Diese müssen bei einem groben Behandlungsfehler beweisen, dass der Fehler nicht zu dem eingetretenen Schaden geführt hat (Beweislastumkehr). Das gilt nicht nur für den Tierarzt, sondern auch für den Hufschmied. Denn auch die Tätigkeit des Hufschmieds bezieht sich auf einen lebenden Organismus. Zudem hat der Gesetzgeber in § 1 Abs. 1 Hufbeschlagsgesetz festgelegt, dass es Aufgabe des Hufschmieds sei "die Gesundheit von Huf- und Klauentieren ...durch einen sach-, fach- und tiergerechten Huf- und Klauenbeschlag zu erhalten". Der Kläger hatte allerdings keinen groben Behandlungsfehler des Beklagten beweisen können. Nicht jedes zu starke Einkürzen der Hufe ist nämlich  grob fehlerhaft. Dass das Einkürzen in einer grob fehlerhaften Weise zu stark gewesen war, konnte nicht festgestellt werden.

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OLG Hamm PM v. 24.11.2016