26.10.2012

Hälftige Schadensteilung bei Parkplatz-Unfall mit zwei rückwärts fahrenden Fahrzeugen

Für einen Unfall, bei dem ein auf der Parkplatzfahrbahn rückwärts fahrendes Fahrzeug mit einem aus einer Parkbox rückwärts ausfahrenden Fahrzeug zusammenstößt, sind beide Fahrzeugführer verantwortlich. Das kann auch dann gelten, wenn das aus der Parkbox zurücksetzende Fahrzeug kurz vor der Kollision noch zum Stehen gekommen ist.

OLG Hamm 11.9.2012, I-9 U 32/12
Der Sachverhalt:
Die Klägerin verlangt von den Beklagten Zahlung von Schadensersatz wegen eines Verkehrsunfalls, der sich auf einem Parkplatz in Marl ereignete. Der Fahrzeugführer der Klägerin setzte das Fahrzeug aus einer Parkbox des Parkplatzes zurück, während die beklagte Fahrzeugführerin mit ihrem Fahrzeug auf der Fahrbahn vor den Parkboxen rückwärtsfuhr. Es kam zum Zusammenstoß, weil die beklagte Fahrzeugführerin auf das klägerische Fahrzeug auffuhr. An diesem entstand ein Sachschaden von rd. 11.000 €.

Die klagende Fahrzeugeigentümerin ist der Ansicht, dass allein die Beklagte für den Unfall verantwortlich sei, das das klägerische Fahrzeug vor dem Zusammenstoß bereits gestanden habe. Die Beklagte, die bereits über einen längeren Zeitraum rückwärts gefahren sei, habe das langsame Herausfahren des Pkw der Klägerin sehen müssen.

Das LG gab der Klage im Wesentlichen statt und wies sie nur der Höhe nach teilweise ab. Auf die Berufung der Beklagten änderte das OLG das Urteil im Sinne einer hälftigen Schadensteilung ab. Die Revision zum BGH wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Das LG hat der Klage zu Unrecht nach einer Haftungsquote der Beklagten von 100 Prozent stattgegeben. Aufgrund des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls hat die Klägerin gegen die Beklagten lediglich einen Anspruch aus §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 115 S. 1 VVG auf Zahlung von rd. 5.500 €.

Den auf einer Parkplatzfahrbahn rückwärts fahrenden Verkehrsteilnehmer treffen zwar erhöhte Sorgfaltsanforderungen. So muss er z.B. auf in der Fahrbahn befindliche Fahrzeuge achten. Das jedoch hat die Beklagte nicht ausreicht getan, weil sie ihr Fahrzeug nicht vor dem klägerischen Fahrzeug angehalten hat.

Erhöhte Sorgfaltsanforderungen treffen aber auch den aus einer Parkbox auf die Parkfahrbahn zurücksetzenden Fahrzeugführer. Sein Mitverschulden wird aufgrund des Zurücksetzens vermutet. Das gilt auch dann, wenn das Fahrzeug - wie im Streitfall - kurzzeitig vor dem Zusammenstoß zum Stehen kommt. In einem solchen Fall ist der Unfall noch auf die mit dem Rückwärtsfahren typischerweise verbundenen Gefahren zurückzuführen.

Da die Klägerin die gegen ihren Fahrzeugführer sprechende Vermutung vorliegend nicht entkräftet hat, ist sie für den Unfall mitverantwortlich. Nach Abwägung der wechselseitigen Verursachungsbeiträge erscheint eine hälftige Schadensteilung angemessen, weil beide unfallbeteiligten Fahrzeuge in unmittelbarem örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfall rückwärts gefahren sind.

Linkhinweis:

OLG Hamm PM vom 26.10.2012
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