12.09.2016

Hausarzt haftet nicht bei Komplikationen nach Sklerosierungsbehandlung von sog. Besenreisern

Eine Sklerosierungsbehandlung von sog. Besenreisern erfordert eine umfassende ärztliche Aufklärung des Patienten, wenn es sich um einen rein ästhetischen Eingriff handelt. Wird der Patient ausreichend aufgeklärt, kann der für den Patienten schmerzhafte Umstand, dass Injektionsmittel nicht in eine Vene, sondern in umliegendes Gewebe gelangt, nicht als Behandlungsfehler gewertet werden.

OLG Hamm 13.5.2016, 26 U 187/15
Der Sachverhalt:
Ende des Jahres 2009 hatte die damals 55-jährige Klägerin die Praxis des beklagten Hausarztes aufgesucht, um sog. Besenreiser behandeln zu lassen. Der Beklagte erläuterte der Klägerin, dass es sich um ein ästhetisches Problem ohne funktionelle Relevanz handle, gleichwohl eine Sklerosierungsbehandlung durchgeführt werden könne. Das Behandlungsverfahren und Komplikationen wurden ebenfalls besprochen.

Im März 2010 ließ die Klägerin die besprochene Behandlung beim Beklagten durchführen. Dieser setzte eine erste Spritze über den Innenknöchel des rechten Fußes der Klägerin. Unmittelbar danach setzte bei ihr ein starkes Brennen ein, so dass der Beklagte die weitere Behandlung abbrach. Die Umgebung der Einstichstelle verfärbte sich und schwoll an. Die Klägerin erhielt einen Kompressionsverband. Als die Beschwerden nicht nachließen und sich die Verfärbung ausbreitete, suchte die Klägerin schließlich ein Krankenhaus auf, in dem u.a. eine Thrombophlebitis (akute Thrombose) diagnostiziert und behandelt wurde.

Die Klägerin warf dem Beklagten Aufklärungs- und hilfsweise Behandlungsfehler vor und verlangte von ihm Schadensersatz bzw. ein Schmerzensgeld i.H.v. 30.000 €. Das LG wies die Klage nach einem  fachphlebologischen Gutachten ab. Auch die Berufung der Klägerin vor dem OLG blieb erfolglos. Das Berufungsurteil ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Es kamen weder vertragliche Ansprüche aus dem Behandlungsvertrag gem. §§ 611, 280 Abs. 1, 249, 253 Abs. 2 BGB noch deliktische Ansprüche gem. §§ 823 Abs. 1, 249, 253 Abs. 2 BGB gegenüber dem Beklagten in Betracht.

Die Aufklärung, insbesondere die Risikoaufklärung der Klägerin durch den Beklagten war ordnungsgemäß erfolgt. Zwar sind bei der streitgegenständlichen Sklerosierungsbehandlung von Besenreisern hohe Anforderungen an die Aufklärung zu stellen, weil es sich insoweit um einen rein ästhetischen Eingriff handelt. Für den Eingriff hatte bei der Klägerin zudem keine zwingende medizinische Indikation bestanden. In einem solchen Fall muss ein Arzt das Bedürfnis des Patienten, den Eingriff durchführen zu lassen, den damit verbundenen Vorteil der Behandlung in Relation zu den damit eingetauschten Risiken sorgfältig ermitteln und mit dem Patienten besprechen. Verschlechterungsmöglichkeiten und ein Missverhältnis bei dem Tauschrisiko müssen in aller Deutlichkeit angesprochen werden.

Diesen hohen Anforderungen hatte die Aufklärung des Beklagten allerdings genügt. Das Risiko einer Infektion und einer Schädigung von Blutgefäßen war sorgfältig erörtert worden. Insoweit ist es auch ausreichend, wenn ein Patient über die Folgen der Minientzündung, die zwingende - und gewünschte - Folge der Behandlung ist, aufgeklärt wird. Über das Risiko einer Thrombophlebitis muss der Patient allerdings grundsätzlich nicht aufgeklärt werden, da sie bei einer regelrechten Besenreiserbehandlung nicht entstehen kann.

Der Beklagte hatte die Klägerin schließlich auch nicht fehlerhaft behandelt. Denn die von ihm angewandte Flüssigkeitssklerosierung war nicht kontraindiziert. Der Beklagte hatte auch keine zu große Menge des Sklerosierungsmittels injiziert. Die nach Beginn der Injektion sofort aufgetretenen starken Schmerzen und die anschließende Verfärbung im Bereich der Injektionsstelle war dadurch hervorgerufen worden, dass das Injektionsmittel nicht in eine Vene, sondern in umliegendes Gewebe gelangt war. Insoweit hatte sich ein Behandlungsrisiko verwirklicht, das keinen Behandlungsfehler darstellte. Letztlich bestand auch kein ursächlicher Zusammenhang zwischen der bei der Klägerin in der Folgezeit aufgetretenen Thrombophlebitis und der durchgeführten Sklerosierungsbehandlung, so dass der Beklagte auch für die Thrombophlebitis und ihre Folgen nicht einzustehen hatte.

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