29.04.2016

Hausverwalter kann mit Wohnungseigentümer vereinbarte Lastschriftabrede bei angekündigter Aufrechnung mit streitiger Forderung kündigen

Gegen Beitragsforderungen der Wohnungseigentümergemeinschaft kann ein Wohnungseigentümer grundsätzlich nur mit Forderungen aufrechnen, die anerkannt oder rechtskräftig festgestellt sind. Ein Hausverwalter kann eine mit einem Wohnungseigentümer vereinbarte Lastschriftabrede kündigen, wenn dieser an seiner Ansicht festhält, mit einer streitigen Forderung gegen eine Beitragsforderung der Wohnungseigentümergemeinschaft aufrechnen zu können, und daraus weitere Konflikte drohen.

BGH 29.1.2016, V ZR 97/15
Der Sachverhalt:
Die Beklagten sind Mitglieder der klagenden Wohnungseigentümergemeinschaft. Sie erteilten der Hausverwaltung eine Einzugsermächtigung zu Lasten ihres Kontos. Eine Verpflichtung der Hausverwaltung, die Hausgelder im Wege des Lastschriftverfahrens einzuziehen, ergibt sich weder aus der Teilungserklärung noch aufgrund eines Beschlusses. Für 2013 hatten die Beklagten ein mtl. Hausgeld einschließlich Instandhaltungsrücklage von 258,63 € zu zahlen. Nachdem die Hausverwaltung einen Nachzahlungsbetrag aus der Jahresabrechnung 2012 abgebucht hatte, machten diese geltend, es sei eine Vorauszahlung von 13 € nicht berücksichtigt worden. Außerdem hätten sie für die Monate Januar bis April 2013 insgesamt 20 € zu viel an Hausgeld bezahlt.

Sie teilten der Hausverwaltung mit, im Juli 2013 sei nur die Abbuchung des um 33 € reduzierten Betrags von 225,63 € gestattet; nach erfolgter Korrektur dürfe in den Folgemonaten wieder der volle Betrag eingezogen werden. Im Juli 2013 buchte die Hausverwaltung von dem Konto der Beklagten 238,63 € ab. Die Beklagten erklärten mit Schreiben vom 25.7.2013, dass der Abbuchungsvorgang nicht genehmigt sei. In dem Schreiben heißt es weiter: "Der rechtswidrige Zugriff auf unser Konto in nicht genehmigter Höhe trägt demnach den Charakter eines Diebstahls. Bedenken Sie bitte, dass Diebstahl ein Straftatbestand ist."

Daraufhin teilte die Hausverwaltung mit, dass sie ab September 2013 von der Einzugsermächtigung keinen Gebrauch mehr machen wolle, weil der genehmigte Betrag i.H.v. 225,63 € die Forderung der Wohnungseigentümergemeinschaft unterschreite. Die Beklagten antworteten, die Begrenzung habe ausschließlich für den Monat Juli 2013 gegolten und ab August 2013 dürfe der volle Betrag von 258,63 € eingezogen werden. In der Folgezeit zog die Hausverwaltung keine Hausgelder ein, die Beklagten nahmen keine Überweisungen vor. Mit der Klage macht die Wohnungseigentümergemeinschaft einen Betrag von rd. 1.300 € für die Monate September 2013 bis Januar 2014 nebst Rechtshängigkeitszinsen geltend.

AG und LG gaben der Klage statt. Nach Zustellung des Berufungsurteils und vor Einlegung der Revision überwiesen die Beklagten die Klageforderung nebst Zinsen an die Klägerin. Diese erklärte daraufhin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt; hilfsweise beantragte sie die Verwerfung der Revision als unzulässig oder deren Zurückweisung als unbegründet. Die Beklagten wollen die Abweisung der Klage erreichen, hilfsweise stimmen sie der Erledigungserklärung zu. Ihre Revision hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Die Beklagten sind verpflichtet, das rückständige Hausgeld und die Instandhaltungsrücklage für September 2013 bis Januar 2014 zu zahlen. Das LG nimmt zu Recht an, dass sie die Klägerin nicht darauf verweisen können, von der Einzugsermächtigung Gebrauch zu machen und den geschuldeten Betrag von ihrem Konto einzuziehen.

Die Klägerin hat die Lastschriftabrede wirksam gekündigt. Ein Recht des Gläubigers zur Kündigung der Lastschriftabrede steht dann außer Frage, wenn ein sachlicher Grund besteht und die berechtigten Interessen des Schuldners an dem Fortbestand der Lastschriftabrede dem Interesse des Gläubigers, sich von der Lastschriftabrede zu lösen, nicht entgegenstehen. Ein Hausverwalter kann deshalb eine mit einem Wohnungseigentümer vereinbarte Lastschriftabrede kündigen, wenn dieser an seiner Ansicht festhält, mit einer streitigen Forderung gegen eine Beitragsforderung der Wohnungseigentümergemeinschaft aufrechnen zu können, und daraus weitere Konflikte drohen. So verhält es sich hier. Die Hausverwaltung war aufgrund des Verhaltens der Beklagten im Zusammenhang mit der Abbuchung des Hausgeldes für den Monat Juli 2013 zur Kündigung der Lastschriftabrede berechtigt.

Zwischen den Parteien entstanden Meinungsverschiedenheiten über die Höhe des im Juli 2013 zu zahlenden Hausgeldes, weil die Beklagten meinten, mit einer streitigen Forderung aufrechnen zu können (§ 387 BGB). Die darauf gestützte Weisung der Beklagten, nicht das im Wirtschaftsplan ausgewiesene, sondern ein reduziertes Hausgeld einzuziehen, musste die Hausverwaltung nicht beachten. Sie war vielmehr berechtigt und verpflichtet, das fällige Hausgeld sowie die Instandhaltungsrücklage einzuziehen (§ 28 Abs. 2, § 27 Abs. 1 Nr. 4 WEG). Gegen Beitragsforderungen der Wohnungseigentümergemeinschaft kann ein Wohnungseigentümer grundsätzlich nur mit Forderungen aufrechnen, die anerkannt oder rechtskräftig festgestellt sind. Das ergibt sich aus der Natur der Schuld und dem Zweck der geschuldeten Leistung. Die im Wirtschaftsplan ausgewiesenen Vorschüsse sollen zur Verwaltung des Gemeinschaftseigentums in dem betreffenden Wirtschaftsjahr tatsächlich zur Verfügung stehen.

Da die Beklagen auf ihrem irrigen Standpunkt, aufrechnen zu können, beharrten, musste die Hausverwaltung mit Rücklastschriften rechnen. Außerdem musste sie befürchten, dass es auch künftig zu Meinungsverschiedenheiten über Abbuchungen kommen werde. Dies bedeutete für sie einen erheblichen Mehraufwand, der dem Zweck der Lastschriftabrede - die Beschleunigung und Vereinfachung des Zahlungsverkehrs - zuwiderläuft. Zudem hatten die Beklagten eine Strafanzeige angedroht. Die Hausverwaltung war daher berechtigt, ihr Einverständnis mit dem Lastschrifteinzug zu widerrufen. Berechtigte Interessen der Beklagten stehen der Kündigung nicht entgegen. Die Hausverwaltung hat ihnen unmissverständlich mitgeteilt, von der Einziehungsermächtigung keinen Gebrauch mehr zu machen. Sie haben damit Gelegenheit erhalten, sich darauf einzustellen, die künftig fällig werdenden Beträge zu überweisen oder einen Dauerauftrag einzurichten.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.
BGH online
Zurück