24.03.2011

Im Ausland lebende nur schwer erreichbare Eltern bleiben Inhaber der elterlichen Sorge

Die Vormundschaft für ein Kind muss nicht allein deshalb eingerichtet werden, weil Vater und Mutter im Ausland (hier: in Afghanistan) wohnen und dort nur schwer zu erreichen sind. Die Eltern bleiben in diesem Fall auch dann Inhaber der elterlichen Sorge, wenn sie deren Ausübung einer dritten Person übertragen haben.

OLG Koblenz 24.2.2011, 11 UF 153/11
Der Sachverhalt:
Das Verfahren betrifft einen Antrag auf Einrichtung einer Vormundschaft für einen 10-jährigen Jungen aus Afghanistan. Das Kind lebt seit mehreren Jahren in Deutschland, die Eltern leben in Afghanistan und sind dort nur schwer zu erreichen. Der Junge leidet an einem mehrfachen Herzfehler. Durch Vermittlung einer Hilfsorganisation lebt er seit Oktober 2008 mit Zustimmung seiner in Afghanistan verbliebenen Eltern bei der Antragstellerin in Deutschland. Auf diese Weise kann das Kind die erforderliche medizinische Versorgung erhalten, die in Afghanistan nicht gesichert wäre.

Die Antragstellerin beantragte die Einrichtung einer Vormundschaft und trug zur Begründung vor, der Rechtsstatus des Kindes sei ungeklärt, die Eltern des Kindes seien in Afghanistan nur schwer zu erreichen und deshalb an der Ausübung der elterliche Sorge gehindert. Eine Postanschrift existiere nicht. Da die Eltern nur ihre Muttersprache sprächen, könne sie nicht direkt und nicht jederzeit mit ihnen kommunizieren, sondern nur über Dritte wie den Dorfvorsteher oder den Vorsteher der Moschee des kleinen Ortes, in dem die Eltern leben.

Das AG - Familiengericht - wies den Antrag auf Einrichtung einer Vormundschaft zurück. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen diese Entscheidung hatte vor dem OLG keinen Erfolg.

Die Gründe:
Die Einrichtung einer Vormundschaft ist nicht erforderlich, da das Kind weiter unter der elterlichen Sorge seiner in Afghanistan lebenden Eltern steht.

Diese haben zwar die Ausübung der elterlichen Sorge in zulässiger Weise bis auf Weiteres auf die Antragstellerin übertragen, können die erteilte Vollmacht aber jederzeit widerrufen und die Sorgerechtsverantwortung wieder selbst übernehmen. Eine Vormundschaft ist nur dann einzurichten, wenn ein Minderjähriger nicht unter elterlicher Sorge steht.

Die elterliche Sorge ruht auch nicht. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Eltern die elterliche Sorge tatsächlich über längere Zeit nicht ausüben können. Hierzu reicht die bloße physische Abwesenheit nicht aus, wenn die Eltern - wie hier - ihr Kind bei Dritten gut versorgt wissen und auch aus der Ferne Einfluss auf die Ausübung der elterlichen Sorge nehmen können.

Im Streitfall sind die Eltern des Kindes erreichbar, wenn auch mühsam und über Umwege. Die Eltern sind auch in der Lage, selbst Kontakt zu ihrem Kind aufzunehmen. Dass sie auf die elterliche Sorge in den vergangenen Jahren keinen Einfluss genommen haben, steht diesem Ergebnis nicht entgegen.

Linkhinweis:

OLG Koblenz PM vom 22.3.2011
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