08.03.2017

In Sprachkursen ist Einzelunterricht nicht mit Gruppenunterricht vergleichbar

Zwar ist Einzelunterricht intensiver, doch das Lernen in der Gruppe ist erfahrungsgemäß etwas anderes, als ein Einzelunterricht. Die Regelung zur Teilnehmerzahl in den AGB, wonach der Sprachreiseveranstalter die geschuldete Leistung durch einen intensiveren Einzelunterricht ersetzen darf, ist überraschend und somit unwirksam.

AG München 26.4.2016, 283 C 20981/15
Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte beim beklagten Sprachreiseveranstalter eine Sprachreise nach Fort Lauderdale (USA) vom 1.5.2015 bis zum 4.6.2015 gebucht. Der Gesamtpreis für den Sprachkurs und die Unterbringung betrug rund 2.470 €. Der Sprachkurs beinhaltete u.a. auch einen vierwöchigen Kurs "Mini Business" mit jeweils 20 Lektionen pro Woche. Aufgrund mangelnder Teilnehmerzahlen kam die Business-Minigruppe lediglich an vier Tagen zustande. Für die übrige Zeit hatte der Beklagte dem Kläger angeboten, den Kurs als Einzelunterricht durchzuführen. Allerdings war dieser teurer als der gebuchte Sprachkurs in der Minigruppe.

Der Einzelunterricht hätte am Nachmittag stattgefunden. Die Gruppenkurse fanden am Vormittag statt. Der Kläger lehnte den angebotenen Einzelunterricht ab und besuchte stattdessen einen Englischkurs "General English Extra", bei dem die Teilnehmerzahl bei durchschnittlich 10 Personen lag mit insgesamt 24 Lektionen pro Woche. Später meinte der Kläger, dass der Beklagte ihn darauf hätte hinweisen müssen, dass der gebuchte Kurs nicht zustande kommt. Der angebotene Einzelunterricht sei mit einem Gruppenunterricht nicht vergleichbar gewesen. Da der Einzelunterricht nachmittags stattgefunden hätte, wäre der Kläger vom sozialen Leben der übrigen Mitstudenten isoliert gewesen.

Der Kläger verlangte vom Beklagten Schadensersatz. Neben der Differenz der Kursgebühren machte er Schadensersatz für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit geltend und verlangte insgesamt rund 1.400 €. Der Beklagte berief sich darauf, dass er nach der Formulierung im Katalog unter der Rubrik "Wichtiges und Wissenswertes" berechtigt gewesen sei, anstatt des geschuldeten Minigruppen Kurses einen gleichwertigen oder intensiveren Unterricht durchzuführen.

Das AG verurteilte den Beklagten zur Zahlung von 370 € und wies die darüber hinausgehende Klage ab. Das Urteil ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Während des Zeitraums von drei Wochen, in dem nicht der geschuldete Sprachkurs stattgefunden und der Kläger am allgemeinen Englischkurs teilgenommen hatte, war der Reisepreis um den Betrag von 370 € zu mindern. Eine zwanzigprozentige Minderung war insofern angemessen.

Es war schließlich zu berücksichtigen, dass die vom Kläger gewünschten sozialen Kontakte nicht Gegenstand der vertraglichen Leistung waren und die Wahl des allgemeinen Englischkurses als Gruppenkurs möglich war. Der angebotene Einzelunterricht war zwar intensiver, er war aber gegenüber dem vertraglich geschuldeten Unterricht in Minigruppen nicht gleichwertig. Denn das Lernen in der Gruppe ist erfahrungsgemäß etwas anderes, als ein Einzelunterricht.

Die Regelung zur Teilnehmerzahl in den AGB, wonach der Beklagte die geschuldete Leistung durch einen intensiveren Einzelunterricht hätte ersetzen dürfen, war zudem überraschend und somit nicht wirksamer Vertragsbestandteil geworden. Der Kläger musste nicht damit rechnen, dass sich der Beklagte ein derart weitreichendes Recht zur Leistungsänderung in seinem Katalog hatte einräumen lassen.

Ein Schadensersatz wegen vertaner Urlaubszeit kann nicht in Betracht. Denn gerade unter Berücksichtigung des Urlaubszwecks war der Urlaub nicht ganz oder teilweise vertan gewesen. Eine erhebliche Beeinträchtigung wäre erst dann anzunehmen gewesen, wenn eine Minderungsquote von mehr als 50% als angemessen anzusehen wäre. Das war im vorliegenden Fall allerdings zu verneinen.

AG München PM vom 3.3.2017