Inanspruchnahme des Schenkers nach vorheriger Inanspruchnahme des Beschenkten
KurzbesprechungErbStG § 20 Abs. 1 Nr. 1 AO § 44 Abs. 1
Nach § 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG schulden sowohl Schenker als auch Beschenkter die Schenkungsteuer und sind daher Gesamtschuldner nach § 44 Abs. 1 Satz 1 AO. Jeder der Gesamtschuldner schuldet die gesamte Leistung (§ 44 Abs. 1 Satz 2 AO). Die Entscheidung, gegen welchen der Gesamtschuldner die Schenkungsteuer festgesetzt wird, hat das Finanzamt nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen (§ 5 AO). Setzt das Finanzamt die Schenkungsteuer gegen den Beschenkten fest, braucht es dies im Regelfall nicht zu begründen, weil eine Begründung zum Verständnis des Steuerbescheids nicht erforderlich ist. Dem Wesen der Schenkungsteuer als Bereicherungssteuer entsprechend ist das Finanzamt nämlich grundsätzlich gehalten, sich bei der Anforderung der Steuer an den Beschenkten zu halten.
Hat die Finanzbehörde trotz der Selbstverpflichtung des Schenkers einen Steuerbescheid gegen den Beschenkten erlassen, muss der Schenker mit dem Erlass eines Bescheids an ihn selbst rechnen, falls die Steuer dem Beschenkten gegenüber zu niedrig festgesetzt worden ist. Denn nach dem Wortlaut von § 421 BGB kann der Gläubiger die Leistung nach seinem Belieben von jedem der Schuldner ganz oder "zu einem Teile" fordern.
Der BFH stellte klar, dass der Schenkungsteueranspruch mit der Verwirklichung des Tatbestandes (§ 38 AO) entsteht und in seiner Höhe nicht von den Festsetzungen in einem Steuerbescheid gegen den Beschenkten abhängig ist. Auch wenn die in dem Steuerbescheid gegen den Beschenkten (zu niedrig) festgesetzte Steuer bezahlt worden ist, erlischt der Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis nicht. Denn die Wirkung eines Schenkungsteuerbescheides beschränkt sich auf den im Bescheid genannten Adressaten, dem der Bescheid bekanntgegeben wird. Der gegen den Beschenkten ergangene Bescheid hat keinerlei Wirkung gegen den Schenker als den anderen Gesamtschuldner. Diesem werden durch den gegen den Beschenkten ergangenen Bescheid - selbst wenn er bestandskräftig wurde - keine Einwendungen gegen Grund und Höhe des geltend gemachten Steueranspruchs abgeschnitten.
Dieser für die Steuerschuldner günstigen Wirkung der Unabhängigkeit der Steuerfestsetzungen voneinander entspricht die negative Folge, dass das Finanzamt seinerseits durch die Steuerfestsetzung gegen den Beschenkten verfahrensrechtlich nicht in der Steuerfestsetzung gegen den Schenker eingeschränkt wird.