31.01.2018

Jobcenter hat unmittelbaren Rückforderungsanspruch gegen Vermieter wegen Mietzahlung nach Vertragsende

Ein Jobcenter, das im Rahmen von Sozialleistungen Mietzahlungen gem. § 22 Abs. 7 SGB II unmittelbar an einen Vermieter überweist, kann im Fall versehentlich über das Ende des Mietverhältnisses hinaus gezahlter Mieten einen diesbezüglichen Rückforderungsanspruch unmittelbar gegenüber dem Vermieter geltend machen. Voraussetzung ist allerdings, dass letzterer bereits bei Erhalt der Zahlung wusste, dass ihm dieser Betrag wegen der Beendigung des Mietvertrags nicht zusteht.

BGH 31.1.2018, VIII ZR 39/17
Der Sachverhalt:
Die Beklagten waren Vermieter eines Einfamilienhauses, dessen Mieter Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem SGB II vom Kläger als dem für sie zuständigen Jobcenter bezogen hatten. Die Mietzahlungen erfolgten auf Antrag der Mieter direkt durch den Kläger an die Beklagten. Das Mietverhältnis endete zum 31.7.2014.

Bereits am 24.7.2014 hatten die Mieter beim Kläger einen Mietvertrag über eine neue Wohnung eingereicht. Dennoch überwies dieser am nächsten Tag versehentlich noch die Miete für August 2014 i.H.v. 860 € an die Beklagten. Seiner späteren Aufforderung, den entsprechenden Betrag an ihn zurückzuzahlen, kamen die Beklagten nicht nach. Sie waren der Ansicht, es handele sich insoweit um eine Zahlung ihrer Mieter an sie, die sie wegen noch offener Gegenforderungen aus dem Mietverhältnis zurückbehalten durften.

Die auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 860 € nebst Zinsen gerichtete Klage hat das AG abgewiesen. Trotz der Direktüberweisung der Miete vom Kläger an die Beklagten habe die Rückabwicklung gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB innerhalb der bestehenden Leistungsbeziehungen, mithin einerseits zwischen den früheren Mietvertragsparteien und andererseits zwischen Mieter und Jobcenter, zu erfolgen. Auf die Berufung des Klägers hat das LG das erstinstanzliche Urteil abgeändert und der Klage stattgegeben. Die Revision der Beklagten blieb vor dem BGH erfolglos.

Gründe:
Ein Jobcenter, das im Rahmen von Sozialleistungen Mietzahlungen gem. § 22 Abs. 7 SGB II unmittelbar an einen Vermieter überweist, kann im Fall versehentlich über das Ende des Mietverhältnisses hinaus gezahlter Mieten einen diesbezüglichen Rückforderungsanspruch unmittelbar gegenüber dem Vermieter geltend machen. Voraussetzung ist allerdings, dass letzterer bereits bei Erhalt der Zahlung wusste, dass ihm dieser Betrag wegen der Beendigung des Mietvertrags nicht zusteht.

Zwar haben die Beklagten bei objektiver Betrachtung die hier streitgegenständliche Zahlung von 860 € nicht durch eine Leistung des klagenden Jobcenters, sondern vielmehr durch eine Leistung ihrer (ehemaligen) Mieter enthalten, denen gegenüber der Kläger wiederum in seiner Eigenschaft als Sozialleistungsträger im Rahmen des bestehenden Bedarfs für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II Sozialleistungen zu erbringen hatte. Insoweit hatten die Mieter mit ihrem Antrag nach § 22 Abs. 7 S. 1 SGB II dem Kläger lediglich die Anweisung erteilt, die ihnen zustehenden Unterstützungsleistungen direkt an die Beklagten zu zahlen.

Dennoch erfolgt die Rückabwicklung der für August 2014 zu Unrecht gezahlten 860 € vorliegend ausnahmsweise nicht im Rahmen der insoweit bestehenden Leistungsbeziehungen gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB (also zwischen den beklagten Vermietern und den Mietern einerseits und den Mietern und dem klagendem Jobcenter andererseits), sondern steht dem Kläger ein direkter Rückzahlungsanspruch gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB (Nichtleistungskondiktion) gegen die Beklagten zu. Denn die Mieter hatten ihren Antrag nach § 22 Abs. 7 S. SGB II bereits vor Ausführung der streitgegenständlichen Zahlung gegenüber dem Kläger (konkludent durch Vorlage des neuen Mietvertrags) widerrufen.

Vor allem aber wussten die Beklagten aufgrund der Beendigung des Mietverhältnisses bereits bei Erhalt des Geldes, dass ihnen der für den Monat August 2014 überwiesene Betrag von 860 € nicht zustand und es damit an einer Leistung der Mieter als ihrem (ehemaligen) Vertragspartner fehlte. Diesen Betrag haben die Beklagten vielmehr in sonstiger Weise auf Kosten des Klägers ohne rechtlichen Grund erlangt (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB).

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BGH PM Nr. 22 vom 31.1.2018