31.10.2014

Kachelmann darf ehemalige Lebensgefährtin nicht als Kriminelle bezeichnen

Jörg Kachelmann darf seine ehemalige Lebensgefährtin Claudia D. nicht als Kriminelle bezeichnen. Kachelmann ist allerdings berechtigt, den Tatvorwurf der Vergewaltigung in öffentlichen Äußerungen als unzutreffend zu bezeichnen, obwohl damit notwendigerweise der Vorwurf der falschen Beschuldigung durch die Claudia D. verbunden ist, den der Beklagte seinerseits nicht bewiesen hat.

OLG Karlsruhe 22.10.2014, 6 U 152/13
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist als Moderatorin bei einem Radiosender tätig. Der Beklagte ist der Moderator, Journalist und Unternehmer Jörg Kachelmann, einer breiten Öffentlichkeit insbes. durch die Wettervorhersage in Sendungen der ARD bekannt. Die Klägerin erstattete im Februar 2010 gegen den Beklagten, mit dem sie zuvor mehrere Jahre lang liiert war, Strafanzeige wegen schwerer Vergewaltigung. Im Zuge des Ermittlungsverfahrens wurde der Beklagte im März 2010 vorläufig festgenommen und befand sich bis zum 29.7.2010 in Untersuchungshaft.

Die von großer Medienaufmerksamkeit begleitete Hauptverhandlung dauerte über 44 Verhandlungstage von Anfang September 2010 bis Ende Mai 2011. Der Beklagte wurde von den gegen ihn gerichteten Vorwürfen freigesprochen, weil keine für eine Verurteilung ausreichende Gewissheit gewonnen werden konnte, dass der Vergewaltigungsvorwurf zutreffend war. Das freisprechende Urteil ist rechtskräftig.

Nach dem Freispruch äußerten sich beide Parteien in den Medien über die Angelegenheit. Dabei hielten beide an ihrer ursprünglichen Sachdarstellung fest. Der Beklagte bezeichnete die Klägerin in zwei Äußerungen als "Kriminelle" bzw. als "Kriminelle aus Schwetzingen". Mit der Klage verlangt die Klägerin die Unterlassung dieser Äußerungen.

Das LG gab der Klage statt und untersagte es dem Beklagten, die Klägerin als "Kriminelle" zu bezeichnen. Die Berufung des Beklagten hatte vor dem OLG weitestgehend keinen Erfolg. Das OLG bestätigte das Urteil mit der Maßgabe, dass das ausgesprochene Verbot auf die konkret beanstandeten Äußerungen bezogen wurde. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Bei der gebotenen Berücksichtigung des jeweiligen Kontexts handelte es sich in beiden Fällen um komplexe Äußerungen, in denen der Beklagte einerseits die Unrichtigkeit des von der Klägerin gegen ihn erhobenen Vorwurfs bekräftigt und damit eine Tatsachenbehauptung aufstellt, andererseits eine stark abwertende Beurteilung der Klägerin zum Ausdruck bringt. Die Frage der Rechtmäßigkeit des mit der Bezeichnung als "Kriminelle" einhergehenden Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht beurteilt sich anhand einer Abwägung der jeweiligen grundrechtlich geschützten Positionen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls.

In der Konstellation des vorliegenden Falles ist der Beklagte berechtigt, den Tatvorwurf der Vergewaltigung in öffentlichen Äußerungen als unzutreffend zu bezeichnen, obwohl damit notwendigerweise der Vorwurf der falschen Beschuldigung durch die Klägerin verbunden ist, den der Beklagte seinerseits nicht bewiesen hat. Der Beklagte ist demgegenüber aber nicht berechtigt, die Klägerin mit der Bezeichnung als "Kriminelle (aus Schwetzingen)" persönlich herabzuwürdigen; in der gegebenen Situation, in der nicht nur zugunsten des Beklagten, sondern auch zugunsten der Klägerin die Unschuldsvermutung gilt, ist gegenüber derartigen Zuspitzungen Zurückhaltung geboten.

OLG Karlsruhe PM vom 30.10.2014
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