29.06.2011

Kaufrecht: Zum Ausschluss des Rücktrittsrechts bei Unerheblichkeit des Sachmangels

Sachmängel, deren Beseitigung Aufwendungen von lediglich knapp einem Prozent des Kaufpreises erfordern, sind als unerheblich i.S.d. § 323 Abs. 5 S. 2 BGB einzustufen und rechtfertigen daher einen Rücktritt vom Kaufvertrag nicht. Dies gilt auch für ein Fahrzeug der Luxusklasse (hier: Wohnmobil).

BGH 29.6.2011, VIII ZR 202/10
Der Sachverhalt:
Der Rechtsvorgänger der Klägerinnen erwarb Mitte 2006 von der Beklagten ein Wohnmobil zum Preis zum 134.437 €. Nach Übergabe musste das Fahrzeug vier Mal in der Werkstatt der Beklagten nachgebessert werden. Nach dem letzten Werkstattaufenthalt erklärte der Käufer im Juni 2007 den Rücktritt vom Kaufvertrag.

Die Klägerinnen begehren mit ihrer Klage - unter Anrechnung der Nutzungsvorteile - die Zahlung von 127.715 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Herausgabe des Wohnmobils, die Erstattung von Rechtsanwaltskosten sowie die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten mit der Rücknahme des Fahrzeugs. Die Streithelferin ist als Herstellerin des Fahrzeugs dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten.

LG und OLG gaben der Klage überwiegend statt. Das OLG war dabei der Ansicht, dass im Hinblick auf den bereits viermaligen Werkstattaufenthalt ein erheblicher Mangel vorliege, obwohl die Kosten zur Beseitigung der noch vorliegenden Mängel lediglich knapp ein Prozent des Kaufpreises betrügen. Auf die Revision der Streithelferin hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Klage ab.

Die Gründe:
Die Klägerinnen sind gegenüber der Beklagten nicht zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt.

Der Senat bekräftigt seine Rechsprechung, dass Sachmängel, deren Beseitigung Aufwendungen von lediglich knapp einem Prozent des Kaufpreises erfordern, als unerheblich i.S.d. § 323 Abs. 5 S. 2 BGB einzustufen sind und daher einen Rücktritt vom Kaufvertrag nicht rechtfertigen; dies gilt auch für ein Fahrzeug der "Luxusklasse".

Auf das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung kommt es nur dann entscheidend an, wenn der Mangel nicht oder nur mit hohen Kosten behebbar oder die Mangelursache im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung ungeklärt ist; diese Voraussetzungen lagen im Streitfall nicht vor. Unerheblich ist ferner, dass der Kaufgegenstand vor der Erklärung des Rücktritts bereits mehrfach nachgebessert wurde. Die Erheblichkeit eines bestehenden Mangels hat nichts damit zu tun, in welchem Umfang der Verkäufer zuvor andere Mängel beseitigt hat.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BGH klicken Sie bitte hier.
BGH PM Nr. 116 vom 29.6.2011
Zurück