09.05.2017

Kein Anspruch auf Rentenausgleich nach Misshandlung der Ehefrau

Der Versorgungsaugleich kann grob unbillig i.S.v. § 27 VersAusglG sein, wenn die Ehefrau vom Ehemann in der Ehezeit misshandelt worden ist. Das gilt etwa dann, wenn die Ehefrau Todesängste ausstehen musste und der Ehemann erst durch Eingreifen Dritter von weiteren Misshandlungen abließ.

OLG Oldenburg 18.4.2017, 3 UF 17/17
Der Sachverhalt:
Das Verfahren betrifft die Frage, wann der Versorgungsaugleich grob unbillig i.S.v. § 27 VersAusglG ist. Zwischen den Eheleuten war es in der Ehezeit häufiger zu Auseinandersetzungen gekommen. Der Ehemann war deshalb wegen vorsätzlicher Körperverletzung in fünf Fällen sowie wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten auf Bewährung verurteilt worden.

In einem der Fälle hatte der Ehemann seiner Frau einen Blumentopf gegen den Kopf geworfen, so dass ihr Trommelfell einriss, und sie dann mit Armen und Beinen am Bett fixiert und ihr ein Kopfkissen ins Gesicht gedrückt. Die Ehefrau musste Todesängste ausstehen. Der Ehemann ließ erst von ihr ab, als der Sohn seiner Frau einschritt.

Das AG - Familiengericht - glich im Rahmen der Scheidung die Rentenansprüche trotzdem aus. Der Versorgungsausgleich sei nicht grob unbillig. Die gegen die Ehefrau verübten Straftaten seien nicht so erheblich, dass hier eine Ausnahme von dem gesetzlichen Grundsatz der Teilung von Rentenansprüchen gerechtfertigt wäre. Hinzu komme, dass die Ehefrau ihrem Mann mehrfach verziehen habe und das Verhältnis der beiden offenbar nicht nur durch die begangenen Straftaten geprägt gewesen sei.

Auf die Beschwerde der Ehefrau änderte das OLG den Beschluss des AG ab und lehnte eine Durchführung des Versorgungsausgleichs ab. Der Beschluss ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Eine Teilhabe des Ehemannes an den Rentenansprüchen der Ehefrau wäre grob unbillig i.S.v. § 27 VersAusglG.

Neben der Summe der Straftaten wiegt insbesondere der eine Vorfall besonders schwer. Auch wenn es sich strafrechtlich "nur" um eine gefährliche Körperverletzung gehandelt hat, musste die Ehefrau das Ganze als Tötungsversuch empfinden, dem sie wehrlos ausgesetzt war. Hinzu kommt, dass der Ehemann sich erst durch das Einschreiten des Sohnes seiner Frau von weiteren Misshandlungen abhalten ließ. Bei einer solchen Sachlage wäre eine Teilhabe des Ehemannes an den Rentenansprüchen der Ehefrau grob unbillig und mithin nicht mehr zu rechtfertigen. Dass die Ehefrau sich zwischenzeitlich versöhnen wollte, relativiert das Fehlverhalten des Ehemannes nicht.

OLG Oldenburg PM vom 2.5.2017