15.11.2013

Kein Anspruch auf Unterhalt wegen möglicher BAföG-Leistungen

Ein im Studium befindliches volljähriges Kind kann von seinen Eltern keinen Unterhalt verlangen, soweit es seinen Unterhaltsbedarf durch BAföG-Leistungen decken kann, auch wenn diese zum Teil als Darlehn gewährt werden. Das Kind hat darzulegen, dass ihm bei rechtzeitiger Antragstellung keine Ausbildungsförderung gewährt worden wäre.

OLG Hamm 27.9.2013, 2 WF 161/13
Der Sachverhalt:
Die in Dortmund bei ihrer Mutter wohnhafte, 21 Jahre alte Antragstellerin studiert an der Universität Duisburg-Essen. Ihr in Bottrop wohnhafter Vater, der Antragsgegner, zahlt mtl. rd. 210 € Kindesunterhalt. Unter Hinweis auf ihr Studium verlangte die Antragstellerin vom Antragsgegner eine Erhöhung der monatlichen Unterhaltsleistungen auf rd. 380 €. Einen Antrag auf BAföG-Leistungen, die regelmäßig zu 50 Prozent als Zuschuss und zu 50 Prozent als zinsloses Darlehn gewährt werden, stellte die Antragsstellerin nicht, u.a. um sich nicht schon zu Beginn ihres Berufslebens zu verschulden.

Das AG - Familiengericht - versagt die von der Antragstellerin für ihr Unterhaltsbegehren beantragte Verfahrenskostenhilfe. Die sofortige Beschwerde der Antragsstellerin hatte vor dem OLG keinen Erfolg.

Die Gründe:
Die Antragstellerin hat ihre Unterhaltsbedürftigkeit nicht dargetan. BAföG-Leistungen sind unterhaltsrechtliches Einkommen, das die Bedürftigkeit mindert.

Im Unterhaltsrecht obliegt es ggf. dem Verpflichteten, ein Darlehn aufzunehmen, um seine Leistungsfähigkeit zu erhalten. Entsprechendes gilt aber auch für den Unterhaltsberechtigten, der - im Rahmen des Zumutbaren - eine Möglichkeit zur Kreditaufnahme ausnutzen muss, um nicht selbst unterhaltsbedürftig zu werden. Im vorliegenden Fall ist es der Antragstellerin zuzumuten, BAföG-Leistungen in Anspruch zu nehmen. Diese werden zur Hälfte als Zuschuss und zur anderen Hälfte als unverzinsliches Darlehn gewährt. Das Darlehn ist erst fünf Jahre nach dem Ende der Förderung in mtl. Raten - bis zu einem Höchstbetrag von 10.000 € - zu tilgen, wobei bei guten Leistungen ein Teil des Darlehns erlassen wird.

Wegen dieser günstigen Darlehensbedingungen ist es einem Studierenden in der Regel zuzumuten, BAföG in Anspruch zu nehmen. Hinsichtlich eines von ihr nachzuweisenden Ausnahmefalls hat die Antragstellerin nichts vorgetragen. Allein aus der Motivation heraus, nicht bereits zu Beginn des Berufslebens mit einer Darlehensverbindlichkeit aus BAföG-Leistungen belastet zu sein, ist die Inanspruchnahme von BAföG nicht unzumutbar. Da es die Antragstellerin bewusst unterlassen habe, einen BAföG-Antrag zu stellen, sei ihr in Höhe der BAföG-Leistungen ein fiktives, ihren Unterhaltsanspruch minderndes Einkommen zu unterstellen. Dass sie mit diesem und mit den vom Antragsgegner monatlich gezahlten Unterhalt ihren monatlichen Mindestbedarf nicht decken könne, sei nicht ersichtlich.

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OLG Hamm PM vom 15.11.2013