04.07.2017

Kein geänderter Streitgegenstand durch bloßen Wechsel der Art der Schadensberechnung ohne Erweiterung des Klageantrags und ohne anderen Lebenssachverhalt

Wechselt ein Kläger nur die Art der Schadensberechnung, ohne seinen Klageantrag zu erweitern oder diesen auf einen anderen Lebenssachverhalt zu stützen, liegt keine Änderung des Streitgegenstands vor. Es stellt danach keine Änderung des Streitgegenstands dar, wenn ein Kläger seinen gem. § 179 Abs. 1 BGB zu ersetzenden Schaden zunächst nach dem negativen Interesse (Vertrauensschaden) berechnet und im Laufe des Verfahrens die Berechnung dahingehend ändert, dass er nunmehr stattdessen Ersatz des positiven Interesses (Erfüllungsinteresses) begehrt, sofern Klageantrag und Lebenssachverhalt unverändert bleiben.

BGH 18.5.2017, VII ZR 122/14
Der Sachverhalt:
Der Kläger nimmt den Beklagten zu 1) auf Zahlung i.H.v. insgesamt rd. 200.000 € in Anspruch. Der Kläger und seine Ehefrau interessierten sich für den Bau eines Eigenheims und nahmen auf eine Anzeige hin Kontakt zudem Beklagten zu 1) auf. Am 2.5.2001 unterzeichneten der Kläger und seine Ehefrau als Auftraggeber einen Bauvertrag über die Errichtung einer Doppelhaushälfte für einen Pauschalpreis von rd. 600.000 DM brutto. Laut Vertrag sollten Zahlungen der Auftraggeber nach Erteilung einer Abschlagsrechnung/Schlussrechnung durch den Auftragnehmer auf ein von dem Beklagten zu 2) geführtes anwaltliches Treuhandkonto erfolgen.

Der Beklagte zu 1) zeichnete das Vertragsformular am 5.5.2001 gegen und sandte es an den Kläger und seine Ehefrau zurück. Zwischen den Parteien ist streitig, wer als Auftragnehmer des Bauvertrags vorgesehen war. Der Kläger behauptet, die D-GmbH habe - wie in der von ihm vorgelegten Vertragsurkunde ausgewiesen - Auftragnehmerin sein sollen. Der Beklagte zu 1) behauptet dagegen unter Bezugnahme auf eine andere Vertragsurkunde, er persönlich sei Auftragnehmer gewesen. Der Kläger und seine Ehefrau zahlten insgesamt rd. 555.000 DM auf das im Bauvertrag bezeichnete Treuhandkonto, die der Beklagte zu 2) in Teilbeträgen an den Beklagten zu 1) oder von diesem benannte Dritte ausbezahlte. Bis November 2001 wurden Leistungen für das Bauvorhaben erbracht, deren Umfang streitig ist.

Nachdem der Kläger und seine Ehefrau auf Nachfrage von der D-GmbH erfahren hatten, dass diese nur als Subunternehmerin tätig sei, von einem zwischen ihnen geschlossenen Bauvertrag keine Kenntnis habe und einen solchen auch nicht geschlossen hätte, untersagten sie mit Anwaltsschreiben vom 11.11.2001 dem Beklagten zu 1) das Betreten des Baugrundstücks. Am 18.11.2001 nahmen sie die Doppelhaushälfte in Besitz und ließen die Schlösser austauschen. Mit Klage vom 7.11.2002 machte der Kläger gegen den Beklagten zu 1) als Vertreter ohne Vertretungsmacht einen Anspruch auf Schadensersatz, hilfsweise aus ungerechtfertigter Bereicherung, i.H.v. rd. 200.000 € geltend. Zunächst stützte er dies darauf, dass der Beklagte zu 1) in dieser Höhe überzahlt sei. Mit erstinstanzlichem Schriftsatz vom 27.4.2012 begründete er seinen Schaden dann mit dem erforderlichen Mehraufwand für die Fertigstellung des Bauvorhabens begründet.

LG und OLG gaben der der Klage gegen den Beklagten zu 1) teilweise - nämlich i.H.v. rd. 33.000 € nebst Zinsen - statt und wiesen sie im Übrigen ab. Auf die Revision des Klägers hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Die Gründe:
Mit der vom OLG gegebenen Begründung kann die Berufung des Klägers gegen die teilweise Abweisung der gegen den Beklagten zu 1) gerichteten Klage nicht zurückgewiesen werden. Die Auffassung des OLG, der geltend gemachte Schadensersatzanspruch des Klägers gem. §179 Abs.1 BGB sei verjährt, ist unzutreffend.

Es kann offen bleiben, ob die Auffassung des OLG, der Schadensersatzanspruch gem. §179 Abs.1 BGB verjähre innerhalb einer Frist von fünf Jahren, beginnend mit der Ablehnung der Genehmigung durch die D-GmbH im Jahr 2001, zutrifft, oder ob mit der Revision von der Geltung der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren gem. §§195, 199 BGB, Art.229, § 6 Abs.1 S.1, Abs. 4 S. EGBGB auszugehen ist. Denn die danach frühestens mit Ablauf des Jahres 2004 eintretende Verjährung des Schadensersatzanspruchs des Klägers gem. §179 Abs.1 BGB ist durch die Klageschrift vom 7.11.2002, dem Beklagten zu 1) am 14.11.2002 zugestellt, rechtzeitig gehemmt worden, §204 Abs.1 Nr.1 BGB, Art.229 §6 Abs.1 S. 1 EGBGB. Die Revision macht insoweit zu Recht geltend, dass das OLG fehlerhaft von einer Änderung des Streitgegenstands ausgegangen ist.

Die Revision macht insoweit zu Recht geltend, dass das OLG fehlerhaft von einer Änderung des Streitgegenstands ausgegangen ist. Nach diesen Maßstäben hat sich der Streitgegenstand nicht geändert. Der Kläger hat bereits mit der Klageschrift vom 7.11.2002 den Zahlungsantrag i.H.v. rd. 200.000 € nebst Zinsen angekündigt und ihn ausdrücklich in erster Linie darauf gestützt, dass er gegen den Beklagten zu 1) als Vertreter ohne Vertretungsmacht "Schadensersatzansprüche gem. §177 BGB (richtig: §179 Abs. 1 BGB)" habe. Weder der Zahlungsantrag noch der Kern des in der Klageschrift angeführten, dem Schadensersatzbegehren zugrunde liegenden Lebenssachverhalts haben sich im Laufe des Verfahrens geändert.

Der Umstand, dass der Kläger die Berechnung seines Schadens geändert hat, führt zu keiner anderen Beurteilung. Wechselt ein Kläger nur die Art der Schadensberechnung, ohne seinen Klageantrag zu erweitern oder diesen auf einen anderen Lebenssachverhalt zu stützen, liegt keine Änderung des Streitgegenstands vor. Es stellt danach keine Änderung des Streitgegenstands dar, wenn ein Kläger seinen gem. §179 Abs. 1 BGB zu ersetzenden Schaden zunächst nach dem negativen Interesse (Vertrauensschaden) berechnet und im Laufe des Verfahrens die Berechnung dahingehend ändert, dass er nunmehr statt dessen Ersatz des positiven Interesses (Erfüllungsinteresses) begehrt, sofern Klageantrag und Lebenssachverhalt unverändert bleiben. Eine solche Konstellation liegt im Streitfall vor.

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