25.05.2018

Kein Schadensersatz wegen unterbliebener Zuweisung eines Ganztagsbetreuungsplatzes für dreijährigen Sohn

Für Kinder nach Vollendung des dritten Lebensjahres besteht kein Anspruch auf den Nachweis eines Ganztagsplatzes in einer Tageseinrichtung. Mehrkosten, die Eltern durch die Inanspruchnahme einer privaten Betreuungseinrichtung entstehen, sind nur zu ersetzen, wenn sie unzumutbar sind.

OLG Frankfurt a.M. 17.5.2018, 1 U 171/16
Der Sachverhalt:
Die Stadt Bad Homburg betreibt Betreuungseinrichtungen für Kinder. Die Kläger haben einen Sohn und hatten sich um einen städtischen Ganztagsbetreuungsplatz für ihr dann drei Jahre altes Kind beworben. Dieses konnte nur bis Ende August 2015 in der bislang besuchten privaten Krippe betreut werden. Da die Kläger trotz Nachfragen keine Zusage für einen städtischen Ganztagsplatz erhalten hatten, meldeten sie ihren Sohn auch in einer privaten Kindertagesstätte (Kita) an. Dort wurde das Kind zum September 2015 aufgenommen.

Ende September 2015 erhielten die Kläger eine Zusage für einen städtischen Platz. Da die Kläger mit der privaten Kita einen Jahresvertrag geschlossen hatten, konnten sie diesen Platz erst nach Fristablauf wahrnehmen. Die Beiträge für die private Kita lagen über den städtischen Sätzen. Mit ihrer Klage begehren die Eltern die Erstattung der Aufnahmegebühr für die private Kita und Ersatz der monatlich entstandenen Mehrkosten wegen angeblicher Amtspflichtverletzung.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Kläger blieben auch mit ihrer Berufung vor dem OLG erfolglos. Das Urteil ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Die Kläger haben für ihren dreijährigen Sohn bereits keinen Anspruch auf Nachweis eines Ganztagsplatzes in einer Tageseinrichtung. Denn das Gesetz sieht zwar einen Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung vor (§ 24 Abs. 2 S. 1 und Abs. 3 S. 1 SGB VIII). Dies bezieht sich auf Kinder ab Vollendung des ersten Lebensjahres bis zum Schuleintritt. Hieraus erwächst allerdings kein individueller Rechtsanspruch auf Bereitstellung eines Ganztagsplatzes.

Aus § 24 Abs. 3 S. 2 SGB VIII folgt, dass der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zwar im Rahmen seiner Planungsverantwortung sicherstellen soll, dass bedarfsgerechte Angebote für Ganztagsplätze zur Verfügung stehen. Diese Verpflichtung vermittelt jedoch keinen individuellen Anspruch. Die bestehende objektiv-rechtliche Vorhalteverpflichtung an Ganztagsplätzen (gewährt) keinen Anspruch des Einzelnen auf Zuweisung eines Ganztagsplatzes, wie auch die Rechtsprechung des BVerwG zeigt.

Die Nichtberücksichtigung des Sohnes bei der Vergabe von Ganztagsbetreuungsplätzen kann auch nicht aus Gleichheitsgründen einen Schadensersatzanspruch auslösen. Die Tatsache, dass den Klägern insoweit höhere Kosten als bei Zuweisung eines Platzes in einem städtischen Kindergarten entstanden sind, ist dabei unerheblich. Bereits der Rechtsanspruch für Kinder unter drei Jahren gibt den Eltern nämlich kein kapazitätsunabhängiges Wahlrecht zwischen der Förderung ihres Kindes in einer städtischen Einrichtung oder in einer privaten. Vielmehr bezieht sich die Verpflichtung des Trägers der öffentliche Jugendhilfe zum Nachweis von Betreuungsplätzen in diesem Frühförderungsbereich auf alle Plätze, unabhängig von ihrer Trägerschaft und der Höhe des Teilnahmebeitrags.

Auch für Kinder unter drei Jahren müssen Eltern mit einer privaten Unterbringung verbundene Mehrkosten grundsätzlich selbst tragen. Dies gilt erst Recht für Betreuungsplätze von Kindern, die das dritte Lebensjahr vollendet haben. Erst wenn die Grenze zu einer unzumutbaren finanziellen Belastung überschritten ist, kommt ein Ersatzanspruch für Mehrkosten in Betracht. Dies hatten die Kläger im vorliegenden Fall jedoch nicht geltend gemacht.

Pressemitteilung des OLG Frankfurt Nr. 20/2018 v. 24.5.2018