08.01.2015

Kein striktes Handyverbot für Fahrlehrer während einer Ausbildungsfahrt

Ein Fahrlehrer, der als Beifahrer während einer Ausbildungsfahrt einen Fahrschüler begleitet, dessen fortgeschrittener Ausbildungsstand zu einem Eingreifen in der konkreten Situation keinen Anlass gibt, ist nicht Führer des Kraftfahrzeugs i.S.d. § 23 Abs. 1a S. 1 StVO. Dass sich der Fahrlehrer ein Eingreifen im Notfall vorbehält, qualifiziert ihn im Zeitpunkt der hier zu beurteilenden Tathandlung nicht als Fahrzeugführer. Die Nutzung eines Mobiltelefons in dieser Situation bleibt somit für ihn straffrei.

BGH 23.9.2014, 4 StR 92/14
Der Sachverhalt:
Der Betroffene ist Fahrlehrer. Er führte im März 2013 als Fahrlehrer und Beifahrer mit einer in der Ausbildung fortgeschrittenen Fahrschülerin, die bereits mindestens sechs Fahrstunden absolviert hatte, eine Ausbildungsfahrt durch. Während der Fahrt, beim Einbiegen in eine Straße nach rechts, telefonierte der Betroffene mit seinem an das rechte Ohr gehaltenen Mobiltelefon ohne Freisprecheinrichtung. Dabei bestand kein Anlass, der bereits im Fahren geübten Fahrschülerin besondere Aufmerksamkeit zu widmen oder damit zu rechnen, in ihr Fahrverhalten eingreifen zu müssen.

Das AG verurteilte den Betroffenen daraufhin wegen vorsätzlicher verbotswidriger Benutzung eines Mobiltelefons zu einer Geldbuße von 40 €. Gegen das Urteil stellte der Betroffene einen Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde. Das OLG Karlsruhe war der Ansicht, über die Rechtsbeschwerde des Betroffenen nicht entscheiden zu können, ohne entweder von der Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 4.7.2013 (Az.: IV-1 RBs 80/13) oder von der Entscheidung des OLG Bamberg vom 24.3.2009 (Az.: 2 Ss OWi 127/2009) abzuweichen. Infolgedessen hat es die Sache dem BGH zur Entscheidung folgender Rechtsfrage vorgelegt:

"Ist ein Fahrlehrer, der als Beifahrer während einer Ausbildungsfahrt neben einem Fahrschüler sitzt, dessen fortgeschrittener Ausbildungsstand zu einem Eingreifen in der konkreten Situation keinen Anlass gibt, Führer des Kraftfahrzeuges i.S.d. § 23 Abs. 1a S. 1 StVO?"

Der Generalbundesanwalt hat in seiner Stellungnahme beantragt, die Vorlegungsfrage zu bejahen. Der BGH hat dem widersprochen.

Gründe:
Ein Fahrlehrer, der in der konkreten Situation nicht in die Ausbildungsfahrt eingreift, führt nach allgemeinen Kriterien - etwa i.S.d. §§ 315c, 316 StGB - das Kfz nicht.

Führer eines Kfz ist, wer es unter bestimmungsgemäßer Anwendung seiner Antriebskräfte unter eigener Allein- oder Mitverantwortung in Bewegung setzt oder unter Handhabung seiner technischen Vorrichtungen während der Fahrtbewegung durch den öffentlichen Verkehrsraum ganz oder wenigstens zum Teil lenkt. Zwar schließt es die Fahrzeugführereigenschaft nicht aus, wenn mehrere Personen sich die Bedienung der notwendigen Funktionen teilen (in einem solchen Fall können beide als Fahrzeugführer anzusehen sein). Wer dagegen nicht einmal einen Teil der wesentlichen Einrichtungen des Fahrzeugs bedient, führt dieses im maßgeblichen Zeitpunkt nicht.

Infolgedessen erfüllt der Fahrlehrer die genannten Voraussetzungen nicht, solange er nicht vom Beifahrersitz aus in die Lenk- oder Antriebsvorgänge eingreift. Dass er sich dabei ein solches Eingreifen im Notfall vorbehält, qualifiziert ihn im Zeitpunkt der hier zu beurteilenden Tathandlung nicht als Fahrzeugführer. Aus der gegenüber einem Normalfahrzeug abweichenden technischen Ausstattung des Fahrschulwagens ergab sich nichts anderes; diese erleichtert lediglich die Möglichkeiten des Fahrlehrers zum Eingreifen. Auch der beherrschende Einfluss des Fahrlehrers auf die Fahrt - etwa durch sein Weisungsrecht gegenüber dem Fahrschüler - lässt ihn nicht zum Fahrzeugführer werden.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BGH veröffentlicht.
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