16.05.2018

Kein Verzicht auf Steuerfreiheit bei Vermietung an Pauschallandwirt

Verpachtet ein Unternehmer ein Grundstück an einen Landwirt, der seine Umsätze gemäß § 24 Abs. 1 UStG nach Durchschnittssätzen versteuert, kann der Verpächter nicht auf die Steuerfreiheit seiner Umsätze nach § 9 Abs. 2 Satz 1 UStG verzichten.

Kurzbesprechung
BFH v. 1.3.2018 - V R 35/17

UStG § 9 Abs. 2 Satz 1, § 24 Abs. 1
Richtlinie 77/388/EWG Art. 13 Teil C Buchst. a

Im Streitfall hatte der Steuerpflichtige einen Rinderboxenlaufstall mit Melkkarussell sowie einen Kälberaufzuchtstall errichtet und an eine zusammen mit seiner Frau gebildete GbR verpachtet. Die GbR betrieb Landwirtschaft und wendete auf ihre Umsätze gemäß § 24 Abs. 1 UStG sog. Durchschnittssätze an. Als Pauschallandwirtin war sie zugleich zu einem fiktiven Vorsteuerabzug in Höhe der Umsatzsteuer berechtigt, so dass für sie keine Steuerschuld entstand. Aufgrund dieser Sonderregelung war sie allerdings aus tatsächlichen Leistungsbezügen nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt.

Der Steuerpflichtige erklärte gemäß § 9 Abs. 2 UStG den Verzicht auf die Steuerfreiheit seiner Verpachtungsleistungen; denn nur bei Steuerpflicht seiner Leistungen kann er den Vorsteuerabzug aus der Errichtung der verpachteten Gegenstände geltend machen. Diese Verfahrensweise deckt sich mit der Auffassung der Finanzverwaltung in Abschn. 9.2 Abs. 2 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses. In Kombination mit der Vorsteuerpauschalierung bei der GbR wäre das sog. Vorschalten einer Verpachtung insoweit vorteilhaft, als eine bei der GbR nicht abziehbare Vorsteuer aus den Errichtungskosten nun für den Steuerpflichtigen abziehbar sein sollte.

Der BFH hat nun jedoch diese von der Finanzverwaltung akzeptierte Gestaltung verworfen und dem Steuerpflichtigen den Vorsteuerabzug versagt. Nach der von ihm vertretenen Auffassung kommt es für den Verzicht auf die Steuerfreiheit darauf an, ob die Pächter- GbR aus der konkret an sie erbrachten Pachtleistung zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Denn § 9 Abs. 2 UStG verlangt einen leistungsbezogenen Vorsteuerabzug. Diese Voraussetzung trifft jedoch auf Pächter nicht zu, die ihre Umsätze nach § 24 Abs. 1 UStG erfassen und denen das Gesetz deshalb einen Vorsteuerabzug unabhängig von tatsächlichen Leistungsbezügen pauschal gewährt. Bei der Verpachtung von Grundbesitz an sog. Pauschallandwirte darf der Verpächter somit nicht auf die Umsatzsteuerfreiheit verzichten.

Beraterhinweis: Nach Angaben des Bundesrechnungshofs wenden über 70 % der Landwirte in Deutschland die Sonderregelung nach § 24 Abs. 1 UStG an. Aufgrund des Urteils des BFH kommt für sie - ebenso wie bei nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten Banken und Sparkassen - der Einsatz sog. Vorschaltmodelle nicht mehr in Betracht.

BFH, Urteil vom 1.3.2018, V R 35/17, veröffentlicht am 16.5.2018

Verlag Dr. Otto Schmidt