05.07.2018

Keine Abfärbung bei Verlusten

Negative Einkünfte aus einer gewerblichen Tätigkeit führen nicht zur Umqualifizierung der vermögensverwaltenden Einkünfte einer GbR.

Kurzbesprechung
BFH v. 12.4. 2018 - IV R 5/15

EStG § 15 Abs. 3 Nr. 1 Halbsatz 1
FGO § 40 Abs. 2, § 118 Abs. 2
GewStG 1984 § 2 Abs. 2 Nr. 1

Die Steuerpflichtige ist im Jahr 1999 als GbR durch einen Formwechsel aus der X GmbH hervorgegangen. An ihr sind zu jeweils 50 % B und S beteiligt. B und S sind in gleicher Weise zu je 50 % an der IM GbR sowie an der B&S  GmbH beteiligt.

Die Tätigkeit der Steuerpflichtigen beschränkt sich auf die Überlassung von Wohn- und Geschäftsräumen. Der Geschäftszweck der IM GbR besteht im Knüpfen von Geschäftskontakten und dem Verwalten von Häusern; sie erzielte Einnahmen in Höhe von jährlich 2.400 € aus der Vermietung von Büroausstattung an die B&S  GmbH. Gegenstand der B&S  GmbH ist der gewerbliche An- und Verkauf von bebauten Grundstücken.

Die Steuerpflichtige war Eigentümerin zweier Grundstücke. Ein Grundstück war teilweise an die IM GbR vermietet, jedoch wurde der Mietvertrag tatsächlich nicht vollzogen. Außerdem wurde es teilweise der B&S - GmbH unentgeltlich zur Nutzung überlassen. Die Steuerpflichtige erklärte in den Streitjahren 2003 - 2006 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Dagegen gingen FA und FG davon aus, dass zwischen der Steuerpflichtigen und der IM - GbR als auch zwischen der Steuerpflichtigen und der B&S  GmbH jeweils eine Betriebsaufspaltung bestehe und qualifizierten daher die von der Steuerpflichtigen erzielten Vermietungseinkünfte insgesamt als solche aus Gewerbebetrieb.

Der BFH entschied jedoch, dass die Steuerpflichtige keine gewerblichen Einkünfte aus Betriebsaufspaltungen mit der IM GbR und der B&S  GmbH erzielt habe, die die Bagatellgrenze gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG überstiegen und deshalb zur Abfärbung auf sämtliche Einkünfte der Steuerpflichtigen führten.

Eine Betriebsaufspaltung hat zur Folge, dass die Vermietungs- oder Verpachtungstätigkeit des Besitzunternehmens als gewerblich i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 EStG zu qualifizieren ist. Einen Gewerbebetrieb unterhält das Besitzunternehmen allerdings nur dann, wenn auch die nach § 15 Abs. 2 EStG erforderliche Gewinnerzielungsabsicht vorliegt.

Die Gewinnerzielungsabsicht des Besitzunternehmens fehlt grundsätzlich, wenn der mit Gewinnerzielungsabsicht tätigen Betriebsgesellschaft die wesentlichen Betriebsgrundlagen unentgeltlich oder zu einem nicht kostendeckenden Entgelt überlassen werden. Zwar kann in einem solchen Fall die Absicht zur Erzielung von Gewinnen bestehen, die nicht unmittelbar aus der Nutzungsüberlassung, sondern mittelbar aus der Erzielung höherer Beteiligungseinkünfte des Besitzunternehmens folgen, wenn Betriebsgesellschaft eine Kapitalgesellschaft ist, die Beteiligung zum Betriebsvermögen des Besitzunternehmens gehört und infolge des unangemessen niedrigen Nutzungsentgelts höhere Gewinnausschüttungen zu erwarten sind, die die Ausgaben des Besitzunternehmens übersteigen.

Ist Betriebsgesellschaft jedoch - wie im Streitfall die IM - GbR - eine Personengesellschaft, der die wesentliche Betriebsgrundlage von einer Besitzpersonengesellschaft unentgeltlich oder zu einem nicht kostendeckenden Entgelt überlassen wird, kann ein höherer Gewinn der Betriebsgesellschaft nicht auf die Besitzgesellschaft durchschlagen. Denn die Einkünfte aus der Betriebspersonengesellschaft werden deren Gesellschaftern unmittelbar gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG als gewerbliche Beteiligungseinkünfte zugerechnet, auch wenn sie zugleich an der Besitzpersonengesellschaft beteiligt sind.

Der Steuerpflichtigen fehlte danach die Gewinnerzielungsabsicht in Bezug auf die Überlassung der Räumlichkeiten an die IM GbR, denn diese erfolgte unentgeltlich, da der Mietvertrag tatsächlich nicht vollzogen wurde.

Die Steuerpflichtige hatte in den Streitjahren auch keine positiven Einkünfte aus gewerblicher Tätigkeit auf Grund einer Betriebsaufspaltung mit der B&S  GmbH erzielt, so dass auch eine Umqualifizierung der übrigen Einkünfte der Steuerpflichtigen aus Vermietung und Verpachtung in solche aus Gewerbebetrieb nicht in Betracht kommt.

Nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Halbsatz 1 EStG gilt als Gewerbebetrieb in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht un¬ternommene Tätigkeit einer OHG, KG oder anderen Personengesellschaft, wenn die Gesellschaft auch eine Tätigkeit i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ausübt (sog. Abfärbewirkung). Bei besonders geringfügiger gewerblicher Betätigung kommt es nach der Rechtsprechung des BFH aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht zu einer Abfärbung auf die übrigen Einkünfte. Freiberufliche Einkünfte einer GbR werden danach nicht insgesamt nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG zu solchen aus Gewerbebetrieb umqualifiziert werden, wenn die daneben erzielten Nettoumsatzerlöse aus der gewerblichen Tätigkeit 3 % der Gesamtnettoumsatzerlöse der Gesellschaft und den Betrag von 24.500 € im Veranlagungszeitraum nicht übersteigen.

Auf dieser Grundlage hat der BFH nun entschieden, dass allenfalls positive gewerbliche Einkünfte zu einer Abfärbung auf ansonsten vermögensverwaltende Einkünfte einer GbR führen können. Für die Frage, ob positive Einkünfte erzielt werden, ist auf die nach den Vorschriften über die Einkünfteermittlung des EStG im jeweiligen Veranlagungszeitraum erzielten Einkünfte abzustellen. Dem steht nicht entgegen, wenn der Bezug der Einkünfte der Gestaltung des Steuerpflichtigen zugänglich ist. Werden positive Einkünfte nicht erzielt, weil der Steuerpflichtige Ausgaben nicht tätigt, die sonst zu Einnahmen bei der vermögensverwaltenden Personengesellschaft führen würden, kann das Gewerbesteueraufkommen durch die fehlende Einnahme nicht gefährdet sein, weil zugleich auch keine den Gewerbeertrag mindernde Ausgabe berücksichtigt wird.

Im Streitfall würde daher auch eine Betriebsaufspaltung mit der B&S  GmbH nicht zur Abfärbung auf die vermögensverwaltenden übrigen Einkünfte der Steuerpflichtigen führen. Denn sie hätte aus der Tätigkeit als Besitzgesellschaft in den Streitjahren nur negative Einkünfte realisiert. Im Streitfall hatte die Steuerpflichtige für die Überlassung der Räumlichkeiten an die B&S  GmbH kein Entgelt erhalten. Durch die Überlassung waren ihr lediglich Aufwendungen entstanden, die insoweit zu negativen - im Fall des Bestehens einer Betriebsaufspaltung gewerblichen - Vermietungseinkünften führen würden. Außerdem hatte die B&S- GmbH in den Streitjahren auch keine Gewinne an die Gesellschafter der Steuerpflichtigen ausgeschüttet, die zu positiven Einkünften hätten führen können.

BFH, Urteil vom 12.4.2018, IV R 5/15, veröffentlicht am 4.7.2018

Verlag Dr. Otto Schmidt