Keine analoge Anwendung von § 7 Abs. 1 S. 3 HeizkostenVO auf ungedämmte nicht freiliegende Leitungen
BGH 15.3.2017, VIII ZR 5/16Die Klägerin ist Mieterin einer in Dresden gelegenen Wohnung der Beklagten. Das Gebäude ist mit einer Einrohrheizung ausgestattet, bei der die Leitungen der Wärmeverteilung überwiegend ungedämmt, aber nicht freiliegend verlegt worden sind. Die Beklagten erstellten die Heizkostenabrechnungen für die Abrechnungszeiträume 2010, 2011 und 2012 unter Berücksichtigung nicht erfasster Rohrwärme auf der Grundlage des Beiblattes "Verfahren zur Berücksichtigung der Rohrwärmeabgabe" der VDI-Richtlinie 2077.
Die Klägerin meint demgegenüber, diese Berechnungsweise komme bei - wie hier - nicht freiliegenden Leitungen der Wärmeverteilung nicht zur Anwendung. Bei Nichtberücksichtigung der vorgenannten Regelung ergebe sich zugunsten der Klägerin unstreitig ein Betriebskostenguthaben für den Abrechnungszeitraum 2010 i.H.v. rd. 140 €, für 2011 i.H.v. rd. 175 € und für 2012 i.H.v. rd. 174 €, insgesamt also von rd. 490 €.
AG und LG wiesen die im Wesentlichen auf Erstattung eines in dieser Höhe beanspruchten Guthabens gerichtete Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BGH das Berufungsurteil auf und gab der Klage statt.
Die Gründe:
Die Klägerin kann die Erstattung eines Guthabens aus den Betriebskostenabrechnungen für die Kalenderjahre 2010, 2011 und 2012 i.H.v. insgesamt 490 € verlangen. Das LG hat rechtsfehlerhaft angenommen, § 7 Abs. 1 S. 3 HeizkostenV gestatte in analoger Anwendung die Bestimmung des Wärmeverbrauchs anhand der anerkannten Regeln der Technik (in Gestalt des Beiblattes "Verfahren zur Berücksichtigung der Rohrwärme-abgabe" der VDI-Richtlinie 2077) auch bei nicht freiliegenden Leitungen der Wärmeverteilung.
Gem. § 7 Abs. 1 S. 3 HeizkostenV kann in Gebäuden, in denen die freiliegenden Leitungen der Wärmeverteilung überwiegend ungedämmt sind und deswegen ein wesentlicher Anteil des Wärmeverbrauchs nicht erfasst wird, der Wärmeverbrauch der Nutzer nach anerkannten Regeln der Technik bestimmt werden. Solche Regeln enthält zwar das vom LG herangezogene Beiblatt "Verfahren zur Berücksichtigung der Rohrwärmeabgabe" der VDI-Richtlinie 2077, das auch auf nicht freiliegende Leitungen Anwendung findet, jedoch sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 S. 3 HeizkostenV vorliegend nicht erfüllt. Denn die Wärmeleitungen in dem Gebäude, in dem sich die von der Klägerin gemietete Wohnung befindet, sind überwiegend ungedämmt, jedoch nicht freiliegend. Freiliegend sind auf der Wand verlaufende, also sichtbare Wärmeleitungen. Daher ist der Anwendungsbereich des § 7 Abs. 1 S. 3 HeizkostenV nach dem unmissverständlichen Wortlaut der Bestimmung im vorliegenden Fall nicht eröffnet.
Entgegen der Ansicht des LG ist § 7 Abs. 1 S. 3 HeizkostenV auch nicht analog auf diese Fallgestaltung anzuwenden. Eine in der Rechtsprechung und im Schrifttum vertretene Ansicht befürwortet zwar eine analoge Anwendung des § 7 Abs. 1 S. 3 HeizkostenV, wenn überwiegend ungedämmte Leitungen der Wärmeverteilung unter Putz bzw. im Estrich verlegt sind. Nach der Vorzug gebührenden Ansicht ist jedoch eine analoge Anwendung der Regelung auf überwiegend ungedämmte, aber nicht freiliegende Leitungen der Wärmeverteilung mangels planwidriger Regelungslücke nicht gestattet, weil der Verordnungsgeber eine eindeutige Entscheidung im Hinblick auf freiliegende Rohrleitungen getroffen hat.
Nach dem Verständnis des Verordnungsgebers stellt sich die Frage, ob Leitungen der Wärmeverteilung gedämmt seien, zwar "nur bei freiliegenden auf der Wand verlaufenden und damit sichtbaren Strangleitungen". Dies bietet jedoch keine ausreichende Grundlage für die Annahme, der Verordnungsgeber habe nicht freiliegende Rohrleitungen übersehen und unbeabsichtigt vom Anwendungsbereich des § 7 Abs. 1 S. 3 HeizkostenV ausgenommen. Nach den Verordnungsmaterialien sollte § 7 Abs. 1 S. 3 HeizkostenV die Möglichkeit, Kostenverschiebungen nach anerkannten Regeln der Technik auszugleichen, nur bei "auf der Wand verlaufenden Rohrleitungen" eröffnen.
Die Verordnungsmaterialien verweisen dabei auf das Beiblatt "Rohrwärme" der VDI-Richtlinie 2077 und die dort zur Verfügung gestellten Verfahren zur Berücksichtigung der Rohrwärmeabgabe. Das vom Verordnungsgeber ausdrücklich in den Blick genommene Beiblatt weist wiederum darauf hin, es sei "technisch unerheblich, ob Rohrleitungen freiliegend oder nicht sichtbar im Estrich beziehungsweise unter Putz geführt werden". Danach bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme, der Verordnungsgeber habe den Fall im Estrich oder unter Putz verlegter Heizungsrohre unbeabsichtigt nicht bedacht
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