24.08.2017

Keine begünstigte Betriebsveräußerung bei Nutzungsüberlassung einer wesentlichen Betriebsgrundlage

Wird eine eingeführte Bezeichnung für einen Betrieb nicht mitverkauft, sondern lediglich im Rahmen eines Franchisevertrags zur Nutzung überlassen, sind nicht alle wesentlichen Betriebsgrundlagen übertragen worden, so dass der Veräußerungsgewinn als laufender Gewinn zu besteuern ist.

Kurzbesprechung
BFH v. 20.3.2017 - X R 11/16

EStG § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 34 Abs. 2 Nr. 1
AO § 146 Abs. 1 Satz 2, § 162 Abs. 2 Satz 1

Nach § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG unterliegt ein Veräußerungs- oder Aufgabegewinn im Sinne von § 16 EStG der Tarifbegünstigung allerdings nur, wenn er auch "außerordentlich" ist. Dies setzt bei allen Tatbeständen des § 34 Abs. 2 EStG eine atypische Zusammenballung voraus. Die Tarifbegünstigung gemäß § 34 EStG erfordert demnach, dass alle stillen Reserven, die in den wesentlichen Grundlagen einer betrieblichen Sachgesamtheit angesammelt wurden, in einem einheitlichen Vorgang aufgelöst werden.

Dabei ist der Begriff der wesentlichen Betriebsgrundlage normspezifisch auszulegen, d.h. zu den wesentlichen Grundlagen eines Betriebs im Zusammenhang mit der Tarifbegünstigung eines Gewinns aus einer Betriebsveräußerung oder -aufgabe gehören die funktional wesentlichen Wirtschaftsgüter und darüber hinaus auch solche Wirtschaftsgüter, die zwar funktional gesehen für den Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil nicht erforderlich sind, in denen aber erhebliche stille Reserven gebunden sind (sog. funktional-quantitative Betrachtungsweise).

Grundsätzlich können auch immaterielle Wirtschaftsgüter als wesentliche Betriebsgrundlagen in Betracht kommen, etwa der Name bzw. das Zeichen eines Betriebs. Im Streitfall erfolgte der Verkauf eines Geschäftsbetriebs mit zeitgleichem Abschluss eines Franchisevertrags zwischen dem Verkäufer als Franchisegeber und dem Käufer als Franchisenehmer hinsichtlich der weiteren Namensnutzung des verkauften Betriebs.

FG und BFH sahen hierin eine wesentliche, nicht mitveräußerte Betriebsgrundlage, die nicht übertragen wurde und damit der begünstigten Besteuerung des Veräußerungsgewinns entgegenstand.

Verfahrensrechtlich entschied der BFH, dass Geldspeicher von Geldeinwurfautomaten Kassen sind, weshalb bei ihrer Leerung der Bestand zu zählen und das Ergebnis aufzuzeichnen ist, um die Kassensturzfähigkeit zu gewährleisten. Im Streitfall war die Kassenbuchführung des Steuerpflichtigen, soweit es um die Bareinnahmen aus den Geldspeichern der Automaten ging, nicht ordnungsgemäß, da mangels Kassenberichts die Kassensturzfähigkeit nicht gegeben war. Das FA musste daher die Umsätze dieses Geschäftsbereichs nach § 162 Abs. 2 Satz 1 AO schätzen. Im Streitfall war der vom FA vorgenommene Unsicherheitszuschlag von 10% jedoch durch den BFH nicht auf seine Angemessenheit hin überprüfbar, so dass er den Streitfall zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwies.

BFH, Beschluss vom 20.3.2017 - X R 11/16, veröffentlicht am 16.8.2017