19.07.2018

Keine Einkünfteerzielungsabsicht bei von vornherein geplanter Übertragung der Einkunftsquelle auf Rechtsnachfolger

Nach dem Grundsatz der Individualbesteuerung hat sich die Überschussprognose auch bei unentgeltlicher Übertragung einer Einkunftsquelle regelmäßig an der Nutzung des Vermögensgegenstandes durch den Steuerpflichtigen zu orientieren. Nur ausnahmsweise kann auch die Nutzung durch einen (unentgeltlichen) Rechtsnachfolger berücksichtigt werden. Eine solche Ausnahmekonstellation liegt nicht vor, wenn bereits bei Eingehung des Investments geplant ist, die Einkunftsquelle vor dem Eintreten positiver Einkünfte unentgeltlich auf einen im niedrig besteuerten Ausland ansässigen Rechtsnachfolger zu übertragen.

Kurzbesprechung
BFH - Beschluss v. 18.4. 2018 - I R 2/16

AStG § 15 Abs. 1 Satz 1

Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 AStG wird für Zwecke der Einkommensteuer das Einkommen einer Familienstiftung i.S. des § 15 Abs.2 AStG, die sowohl ihren Sitz als auch ihre Geschäftsleitung im Ausland hat, dem unbeschränkt steuerpflichtigen Stifter zugerechnet. Die Zurechnung setzt voraus, dass die Familienstiftung ein entsprechendes Einkommen im steuerrechtlichen Sinn erzielt. Die Vorschrift regelt jedoch nur die Zurechnung des Einkommens, nicht aber die - vorgelagerte - Frage der Erzielung von Einkünften. Daher müssen auch die Voraussetzungen der Einkünfteerzielungsabsicht auf der Ebene der Stiftung geprüft werden. Dabei ist darauf abzustellen, welche Einkünfte die Stiftung erzielt hat.

Im entschiedenen Streitfall war die Stiftung an einer KG beteiligt, die aus erworbenen Schuldverschreibungen Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielte. Die Absicht zur Erzielung von Kapitaleinkünften setzt das Streben des Steuerpflichtigen voraus, durch die Vermögensnutzung ein positives Ergebnis, d.h. einen (Total-)Überschuss der (steuerpflichtigen) Kapitaleinnahmen über die Werbungskosten zu erzielen. Maßgebend ist dabei das Gesamtergebnis der voraussichtlichen Vermögensnutzung; nichtsteuerbare und steuerfreie Veräußerungsgewinne bleiben allerdings außer Betracht.

Im Streitfall hatte die Stiftung ihren KG - Anteil unentgeltlich auf eine Ltd übertragen deren einzige Gesellschafterin sie war. Der BFH entschied, dass sich nach dem Grundsatz der Individualbesteuerung die Überschussprognose auch bei unentgeltlicher Übertragung einer Einkunftsquelle regelmäßig an der Nutzung des Vermögensgegenstandes durch den Steuerpflichtigen zu orientieren hat. Soweit die Rechtsprechung den Grundsatz der Individualbesteuerung durchbrochen und bei der Prognose ausnahmsweise auch die Nutzung durch einen (unentgeltlichen) Rechtsnachfolger berücksichtigt hat, handelt es sich um begrenzte Ausnahmefälle, denen im Streitfall keine Bedeutung beikam.

Im Streitfall war die vom Steuerpflichtigen (Stifter) angestrebte personenübergreifende Prognose ausgeschlossen. Die Wertpapiergeschäfte waren lediglich auf maximal zehn Jahre angelegt. Vor allem aber war bereits bei Eingehung des jeweiligen Investments geplant, die Einkunftsquelle vor dem Eintreten positiver Einkünfte unentgeltlich auf die im niedrig besteuerten Ausland ansässige Ltd zu übertragen.

Der BFH hob hervor, dass sich auch aus den Vorschriften zur Hinzurechnungsbesteuerung gemäß §§ 7 ff. AstG nichts anderes ergibt, denn diese dient insoweit lediglich der Kompensation der Abschirmwirkung einer ausländischen Zwischengesellschaft, sie kann aber nicht dazu führen, bei der unentgeltlichen Übertragung einer Einkunftsquelle auf eine ausländische Zwischengesellschaft den Prognosezeitraum auf den Zeitraum der Nutzung der Einkunftsquelle durch den Rechtsnachfolger auszudehnen.

BFH, Urteil vom 18.4.2018, I R 2/16, veröffentlicht am 18.7.2018
 

Verlag Dr. Otto Schmidt