Keine Haftung des Vermieters für Verletzungen des Mieters bei Verwirklichung des allgemeinen Lebensrisikos
LG Nürnberg-Fürth 18.6.2018, 7 S 5872/17Die Klägerin mietete von dem Beklagten im August 2013 eine Doppelhaushälfte nebst Garten an. Kurz nach ihrem Einzug teilte sie dem Beklagten mit, dass im Wohnzimmer ein Rollo "schwergängig sei. Etwa zwei Wochen später stürzte die Klägerin auf einer Treppe, die von der Terrasse in den hinteren Garten führt.
Die Klägerin trägt vor, dass das von ihr monierte Rollo plötzlich aus einer Höhe von 2,20 m heruntergefallen sei. Aufgrund des dabei entstandenen Lärms sei sie erschrocken, habe beim Heruntergehen der Treppe das Gleichgewicht verloren und sich erst in letzter Sekunde mit der rechten Hand an einer sich im Garten befindlichen Säule festhalten können, um einen Sturz zu vermeiden. Dadurch habe sie sich am Handgelenk schwer verletzt und u.a. einen Knorpelschaden sowie einen Teilbänderriss erlitten. Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin u.a. ein Schmerzensgeld i.H.v. 10.000 € sowie rd. 52.000 € Haushaltsführungsschaden von dem Beklagten.
Das AG wies die Klage ab und sah es bereits als zweifelhaft an, ob der Beklagte eine Verkehrssicherungspflicht dadurch verletzt hat, dass er das defekte Rollo nicht sofort, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt reparieren ließ. Jedenfalls sei aber die Verletzung der Klägerin nicht auf eine Pflichtverletzung des Beklagten zurückzuführen, sondern es habe sich hier das allgemeine Lebensrisiko verwirklicht. Laute Geräusche gehörten zur Alltagswirklichkeit, so dass ein Erschrecken über ein lautes plötzliches Geräusch dem Risikobereich der Klägerin zuzurechnen sei.
Die Berufung der Klägerin hatte vor dem LG keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das AG hat zutreffend einen adäquaten Zurechnungszusammenhang zwischen einer möglichen Pflichtverletzung des Beklagten und der Verletzung der Klägerin verneint.
Die Verletzung wurde nicht unmittelbar durch das herabfallende Rollo verursacht, sondern vielmehr erst durch die Reaktion der Klägerin auf das Geräusch, welches das Rollo beim Aufprall auf den Boden hervorrief. Die Pflicht des Vermieters, Mängel an der Mietsache zu beseitigen, umfasst grundsätzlich auch den Schutz von Leib und Leben. Vorliegend sind die geltend gemachten Verletzungen zwar noch vom Schutzzweck der Norm umfasst, jedoch nicht mehr adäquat zurechenbar.
Es ist zwar durchaus nicht ungewöhnlich, dass jemand aufgrund eines lauten Geräusches erschreckt und in Folge dessen eine unwillkürliche Bewegung macht. Eine solche Überreaktion gehört aber zum allgemeinen Lebensrisiko. Sie ist hier nicht adäquat verbunden mit dem Defekt des Rollos, da sich vorliegend mehrere unglückliche Umstände aneinander gereiht haben, was letztlich zu der Verletzung der Klägerin führte.
Anders wäre der Fall u.U. zu beurteilen, wenn die Klägerin unmittelbar unter dem Rollo gestanden hätte und sie durch eine Berührung mit diesem direkt oder durch einen hierdurch ausgelösten Sturz verletzt worden wäre.