14.09.2012

Keine Haftung eines Arztes für Behandlungsfehler bei anschließender Verweigerung einer fachgerechten Behandlung durch zweitbehandelnden Arzt

Die Haftung eines Arztes kann trotz eines Behandlungsfehlers ausgeschlossen sein, wenn der Patient im Anschluss eine fachgerechte Behandlung durch einen weiteren Arzt verweigert. Wäre der gesundheitliche Schaden durch die richtige Zweitbehandlung verhindert worden, kann dies dazu führen, dass der erste Arzt auch bei einem groben Behandlungsfehler keinen Schadensersatz leisten muss.

OLG Koblenz 27.8.2012, 5 U 1510/11
Der Sachverhalt:
Der Kläger, ein Berufsfußballer, erlitt in einem Spiel bei einem heftigen Zweikampf eine Bissverletzung, wobei die Schneidezähne seines Gegenspielers eine Rissverletzung an seinem rechten Knie verursachten. Der beklagte Arzt übernahm die Erstversorgung der Wunde, nähte die Verletzung und überwies den Kläger zur weiteren Untersuchung ins Krankenhaus.

Der dort behandelnde Arzt empfahl dem Kläger dringend die Öffnung der Naht und die Durchführung einer antibiotischen Therapie. Der Kläger lehnte ab, in der Folge wurde diese (richtige) Empfehlung nicht umgesetzt und es kam zu einer Kniegelenksinfektion. Letztlich stellte sich beim Kläger ein irreparabler Knieschaden ein; er kann seinen Beruf als Fußballspieler nicht mehr ausüben.

Der Kläger warf dem beklagten Arzt vor, ihn nicht fachgerecht behandelt zu haben. Die Erstversorgung der Wunde durch Vernähen sei grob fehlerhaft gewesen. Wegen des bleibenden Schadens verlangte er u.a. Schmerzensgeld i.H.v. 75.000 €, eine monatliche Rente von 200 € und Verdienstausfall i.H.v. rd. 1,33 Mio. €.

Das LG wies die Klage ab. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers hatte vor dem OLG keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das LG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Kläger keine Ansprüche gegenüber dem Beklagten hat.

Allerdings stellt die fehlerhafte medizinische Erstbehandlung durch den Beklagten - entgegen der Ansicht des LG - sehr wohl einen groben Behandlungsfehler des Arztes dar. Denn eine menschliche Bissverletzung kann eine Wundinfizierung durch Bakterien auslösen, was ein Vernähen der Wunde verbietet. Die Haftung des Beklagten scheitert vorliegend aber daran, dass der Kläger die dringende Empfehlung des zweitbehandelnden Arztes, die Wunde zu öffnen und antibiotisch zu therapieren, nicht befolgt hat.

Der Kläger wurde im Krankenhaus nachdrücklich darauf hingewiesen worden, welche gesundheitlichen Folgen ihm drohten, sollte er diese ärztliche Empfehlung nicht annehmen. Dennoch entschied sich der Kläger bewusst gegen diese Behandlung. Damit hat er selbst eine derart gravierende Ursache für seine bleibende Knieverletzung gesetzt, dass eine Haftung des Beklagten aufgrund der Erstversorgung nicht mehr angenommen werden kann.

OLG Koblenz PM vom 14.9.2012
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