30.03.2011

Keine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für Klagen gegen Veröffentlichungen im Internet ohne deutlichen Inlandsbezug

Die deutschen Gerichte sind zur Entscheidung über Klagen wegen Persönlichkeitsbeeinträchtigungen durch im Internet abrufbare Veröffentlichungen international zuständig, wenn die als rechtsverletzend beanstandeten Inhalte objektiv einen deutlichen Bezug zum Inland aufweisen. Dies ist dann der Fall, wenn eine Kollision der widerstreitenden Interessen nach den Umständen des konkreten Falls, insbesondere aufgrund des Inhalts der konkreten Meldung, im Inland tatsächlich eingetreten ist oder eintreten kann.

BGH 29.3.2011, VI ZR 111/10
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist russischer Geschäftsmann. Er hat neben einer Wohnung in Moskau auch einen Wohnsitz in Deutschland. Die Beklagte, die zusammen mit dem Kläger die Schule in Moskau besucht hat, lebt inzwischen in den USA. Die Parteien trafen bei einem Klassentreffen mit weiteren in Russland verbliebenen Mitschülern in der Wohnung des Klägers in Moskau zusammen.

Danach veröffentlichte die Beklagte von den USA aus einen in russischer Sprache und kyrillischer Schrift abgefassten Bericht über das Internetportal www.womanineurope.com, das von einem Anbieter mit Sitz in Deutschland betrieben wird. In dem Bericht äußert sie sich u.a. über die Lebensumstände und das äußere Erscheinungsbild des Klägers. Der Kläger begehrt die Unterlassung mehrerer Äußerungen, Geldentschädigung und Auskunft über den Zeitraum und die Internetadressen, über welche die zu unterlassenden Äußerungen abrufbar waren.

LG und OLG verneinten die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte und wiesen die Klage als unzulässig ab. Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Die deutschen Gerichte sind in dieser Sache nicht international zuständig.

Die deutschen Gerichte sind zur Entscheidung über Klagen wegen Persönlichkeitsbeeinträchtigungen durch im Internet abrufbare Veröffentlichungen international zuständig, wenn die als rechtsverletzend beanstandeten Inhalte objektiv einen deutlichen Bezug zum Inland aufweisen. Dies ist dann der Fall,, wenn eine Kollision der widerstreitenden Interessen - die des Klägers an der Achtung seines Persönlichkeitsrechts einerseits, die der Beklagten an der Gestaltung ihres Internetauftritts und an einer Berichterstattung andererseits - nach den Umständen des konkreten Falls, insbes. aufgrund des Inhalts der konkreten Meldung, im Inland tatsächlich eingetreten ist oder eintreten kann.

Aus dem Inhalt der angegriffenen Äußerung lässt sich vorliegend ein solcher deutlicher Inlandsbezug nicht herleiten. Die in russischer Sprache und kyrillischer Schrift abgefasste Reisebeschreibung schildert ein privates Zusammentreffen der Parteien in Russland. Die beschriebenen Umstände aus dem privaten Bereich des Klägers sind in erster Linie für die an dem Treffen Beteiligten von Interesse. Diese haben, bis auf den Kläger, ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in Deutschland.

Allein dadurch, dass der Kläger an seinem Wohnsitz im Inland den Bericht abgerufen hat, wird noch nicht ein deutlicher Inlandsbezug hergestellt, selbst wenn vereinzelt Geschäftspartner Kenntnis von den angegriffenen Äußerungen erhalten haben sollten. Aus dem Standort des Servers in Deutschland lässt sich eine die Zuständigkeit deutscher Gerichte begründende Handlung der Beklagten ebenfalls nicht herleiten.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BGH klicken Sie bitte hier.
BGH PM Nr. 50 vom 30.3.2011
Zurück