04.08.2017

Keine Nutzungsentschädigung bei fehlendem Rückerlangungswillen des Vermieters

An einem Rückerlangungswillen des Vermieters fehlt es etwa, wenn er trotz Kündigung des Mieters von einem Fortbestehen des Mietverhältnisses ausgeht. Fehlt es an einem Rückerlangungswillen des Vermieters, steht diesem ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung nach § 546a BGB grundsätzlich auch dann nicht zu, wenn der Mieter zur Rückgabe der Mietsache außerstande ist und die subjektive Unmöglichkeit durch ihn selbst verursacht wurde.

BGH 12.7.2017, VIII ZR 214/16
Der Sachverhalt:
Der Beklagte hatte im Jahr 2000 von dem Rechtsvorgänger der Klägerin eine Dreizimmerwohnung angemietet. 2010 zog der Beklagte aus der Wohnung aus und überließ sie nebst Schlüsseln seiner damaligen Ehefrau, mit der er die Wohnung bis dahin gemeinsam bewohnt hatte und von der er sich in der Folgezeit scheiden ließ. Bis Juni 2014 zahlte der Beklagte weiterhin die Monatsmiete von 999 €. Mit Schreiben vom 25.5.2014 kündigte er den Mietvertrag ordentlich zum 31.8.2014. Die Klägerin teilte ihm daraufhin schriftlich mit, seine "alleinige Kündigung" sei unwirksam und forderte den Beklagten mehrfach schriftlich auf, die Miete für Juli, August und September 2014 zu zahlen.

Der Beklagte erwiderte am 15.9.2014, er sehe nicht ein, warum er alleine die Gesamtmiete tragen solle, habe aber "Fairness halber" die anteilige Miete für Juli bis September 2014 einschließlich Mahnkosten überwiesen. Über diesen Betrag von 1.508 € hinaus zahlte der Beklagte in den Monaten Oktober, November und Dezember 2014 jeweils 500 € an die Klägerin. Danach stellte er jegliche Zahlung ein.

Die Klägerin verlangte vom Beklagten die Zahlung der restlichen Miete für das Jahr 2014 nebst Zinsen und die künftige Mietzahlung ab Januar 2015 sowie den Ersatz vorgerichtlicher Kosten. Das AG gab der Klage im Wesentlichen statt. Es hatte den Mietvertrag als durch die Kündigung des Beklagten beendet angesehen und der Klägerin einen Anspruch auf Restmietzahlung und Entschädigung nach § 546a BGB zuerkannt. Während das LG sich dieser Ansicht angeschlossen hatte, hob der BGH den Beschluss auf die Revision des Beklagten auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück.

Gründe:
Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft die Voraussetzungen eines Anspruchs der Klägerin auf Nutzungsentschädigung gem. § 546a BGB für die Zeit ab September 2014 bejaht, indem es unter Verkennung der BGH-Rechtsprechung angenommen hatte, der Beklagte enthalte der Klägerin die streitgegenständliche Wohnung i.S.d. § 546a Abs. 1 BGB vor. Rechtsfehlerhaft war dabei bereits die Annahme des Berufungsgerichtes, der Klägerin werde die Wohnung von dem Beklagten i.S.d. § 546a Abs. 1 BGB vorenthalten. Zwar hatte der Beklagte die Wohnung nach der Beendigung des Mietverhältnisses nicht zurückgegeben. Das Unterlassen der Rückgabe widersprach jedoch nicht dem Willen der Klägerin. Vielmehr hatte diese nicht den für einen Nutzungsentschädigungsanspruch nach § 546a BGB erforderlichen Rücknahmewillen.

An einem Rückerlangungswillen des Vermieters fehlt es etwa, wenn er trotz Kündigung des Mieters - wie hier - von einem Fortbestehen des Mietverhältnisses ausgeht. Fehlt es an einem Rückerlangungswillen des Vermieters, steht diesem ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung nach § 546a BGB grundsätzlich auch dann nicht zu, wenn der Mieter zur Rückgabe der Mietsache - wie hier - außerstande ist und die subjektive Unmöglichkeit durch ihn selbst verursacht wurde.

Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung konnte der Klägerin der von ihr für den vorbezeichneten Zeitraum geltend gemachte Zahlungsanspruch auch nicht nach den Vorschriften des Bereicherungsrechts gem. § 812 Abs. 1, § 818 Abs. 2 BGB zuerkannt werden. Anders als das LG gemeint hat, boten die von ihm getroffenen Feststellungen bereits keine ausreichende Grundlage für die Annahme, dass der Beklagte i.S.v. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, S. 2 Alt. 1 BGB etwas erlangt hatte. Insbesondere hat das LG in diesem Zusammenhang rechtsfehlerhaft angenommen, es komme nicht darauf an, ob der Beklagte dadurch, dass seine Ehefrau die streitgegenständliche Wohnung nutzte, eigene Aufwendungen erspart hatte.

Das Berufungsgericht hätte bei dieser Sachlage Feststellungen dazu treffen müssen, ob der Beklagte - was nach dessen Vortrag nicht der Fall war - durch die Überlassung der Wohnung an seine geschiedene Ehefrau möglicherweise Einkünfte erzielt oder eigene Aufwendungen - etwa in Gestalt von sonst zu zahlenden Unterhaltsleistungen - erspart hatte. Den Blick auf eine solche - unter den hier gegebenen Umständen allein in Betracht kommende - mögliche Bereicherung des Beklagten hat sich das Berufungsgericht durch seine rechtsfehlerhafte Annahme verschlossen, es komme nicht darauf an, ob der Beklagte Aufwendungen erspart habe oder von einer Schuld befreit worden sei. Diese Feststellungen wird das Berufungsgericht nachzuholen haben.

Linkhinweise:

  • Der Volltext dieser Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für den Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier.
BGH online