22.06.2017

Keine Rückstellungsbildung für künftige Zusatzbeiträge zur Handelskammer

Der Inhaber eines Handwerksbetriebs kann keine Rückstellung für seine künftig zu erwartenden Zusatzbeträge zur Handwerkskammer bilden. Dies gilt dies auch dann, wenn diese in der Vergangenheit jeweils nach dem Gewerbeertrag bereits abgelaufener Wirtschaftsjahre berechnet worden sind und eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass die Zusatzbeiträge auch künftig in der geltend gemachten Höhe entstehen und er hierfür in Anspruch genommen werden wird.

Kurzbesprechung
BFH v. 5.4.2017 - X R 30/15

EStG § 5

Im Streitfall war der Steuerpflichtige Mitglied einer Handwerkskammer, die nach ihrer Beitragsordnung einen Grund- und einen Zusatzbeitrag erhebt. Bemessungsgrundlage des Zusatzbeitrags war in der Vergangenheit jeweils der Gewerbeertrag des drei Jahre vor dem Beitragsjahr liegenden Steuerjahres. In der Bilanz zum 31. 12. 2009 passivierte der Steuerpflichtige seine zu erwartenden Zusatzbeiträge für die Jahre 2010, 2011 und 2012 aufgrund seiner Gewerbeerträge der Jahre 2007, 2008 und 2009 unter "sonstige Rückstellungen".

Demgegenüber vertrat das FA die Auffassung, eine Rückstellungsbildung sei bereits deshalb ausgeschlossen, weil die Zusatzbeiträge erst im jeweiligen Beitragsjahr wirtschaftlich verursacht seien.

Der BFH sieht dies genauso und gab dem FA Recht. Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten setzen entweder das Bestehen einer ihrer Höhe nach ungewissen Verbindlichkeit oder die hinreichende oder überwiegende Wahrscheinlichkeit des Entstehens einer Verbindlichkeit dem Grunde nach voraus. Der Steuerpflichtige muss ernsthaft mit seiner Inanspruchnahme rechnen. Besteht die Verbindlichkeit rechtlich noch nicht, ist ein wirtschaftlicher Bezug zum Zeitraum vor dem jeweiligen Bilanzstichtag erforderlich.

Rückstellungen für Verpflichtungen aus öffentlichem Recht können nur dann gebildet werden, wenn die Verpflichtung bereits konkretisiert, d.h. inhaltlich hinreichend bestimmt, in zeitlicher Nähe zum Bilanzstichtag zu erfüllen sowie sanktionsbewehrt sind. Der rechtliche und wirtschaftliche Bezugspunkt der Verpflichtung muss in der Vergangenheit liegen; die Verbindlichkeit muss nicht nur an Vergangenes anknüpfen, sondern auch Vergangenes abgelten.

Im Streitfall lagen diese Voraussetzungen jedoch nicht vor. Denn zum Bilanzstichtag 2009 waren die Beitragspflichten des Steuerpflichtigen für die Jahre 2010, 2011 und 2012 rechtlich noch nicht entstanden, da weder eine Festsetzung durch Verwaltungsakt erfolgt war noch Merkmale des gesetzlichen Tatbestands erfüllt waren. Außerdem war die Beitragspflicht zwingend an die Kammerzugehörigkeit im Beitragsjahr geknüpft. mit der Folge, dass der Steuerpflichtige im Fall der Aufgabe seines Betriebs weder den Grund- noch den Zusatzbeitrag schuldet.
Verlag Dr. Otto Schmidt