Keine Säumniszuschläge bei Rückgewähr von bei Fälligkeit gezahlten Steuern nach Anfechtung durch den Insolvenzverwalter
KurzbesprechungAO § 240, § 224 Abs. 2 Nr. 1 bis 3
InsO § 143, § 144
Wird eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet, so ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 Prozent des abgerundeten rückständigen Steuerbetrags zu entrichten; abzurunden ist auf den nächsten durch 50 € teilbaren Betrag (§ 240 Abs. 1 Satz 1 AO). Die Säumniszuschläge entstehen kraft Gesetzes und sind daher nicht gesondert festzusetzen.
Sie sind ein dem Steuerrecht eigenes Druckmittel zur Durchsetzung von titulierten Zahlungsansprüchen des Steuerfiskus. Neben dem Zweck, der Finanzbehörde eine Gegenleistung für das Hinausschieben der Zahlung fälliger Steuern und für den dadurch entstehenden zusätzlichen Verwaltungsaufwand zu verschaffen, verfolgen sie das Ziel, den Steuerpflichtigen durch Androhung einer verschuldensunabhängigen Verwaltungssanktion zur pünktlichen Zahlung der Steuerschulden anzuhalten.
Im Streitfall lebten zwar mit der erfolgreichen Anfechtung durch den Insolvenzverwalter und der Rückgewähr der gezahlten Beträge die Steuerschulden, die den streitigen Säumniszuschlägen zugrunde lagen, rückwirkend wieder auf. Denn die erfolgreiche Anfechtung und Rückgewähr nach § 143 InsO bewirkt gemäß § 144 InsO, dass die Steuerschuld rückwirkend wieder auflebt. Die Beendigung des Steuerschuldverhält¬nisses ist insoweit auflösend bedingt.
Im Streitfall waren die wieder aufgelebten Steuerforderungen bis zum Ablauf des Fälligkeitstags jedoch bereits entrichtet worden, so dass damit eine Säumnis entfällt. Im Fall der Zahlung ist der maßgebliche Entrichtungszeitpunkt nach § 224 Abs. 2 AO zu bestimmen. Danach gilt eine wirksame geleistete Zahlung bei Übergabe oder Übersendung von Zahlungsmitteln, bei Überweisung oder Einzahlung auf ein Konto der Finanzbehörde oder bei Vorliegen einer Einzugsermächtigung zu dort näher bestimmten Zeitpunkten als entrichtet. Im Streitfall hatte der Steuerpflichtige entsprechend diesen Bestimmungen unstreitig die Zahlungen am Fälligkeitstag geleistet, so dass ab den Fälligkeitszeitpunkten die Steuerschulden als entrichtet gelten.
Der BFH machte deutlich, dass für ihn nicht erkennbar ist, dass durch das Wiederaufleben der Steuerforderungen rückwirkend die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals der Entrichtung der Steuerschulden i.S. des §240 AO beseitigt wurde und damit die Verwirkung von Säumniszuschlägen in Gang gesetzt wird. Ein solcher Zusammenhang zwischen Erfüllung und Entrichtung der Steuerschulden besteht nicht, denn der Regelungsinhalt dieser Vorschriften ist insoweit klar und eindeutig.
BFH, Urteil vom 22.11.2017, XI R 14/16, veröffentlicht am 14.5.2018