06.10.2017

Keine Steuerbefreiung für Aufbau eines Strukturvertriebes

Keine steuerfreien Tätigkeiten als Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler (§ 4 Nr. 11 UStG) sind die typischerweise mit dem Aufbau und der Aufrechterhaltung eines Strukturvertriebes einhergehende Betreuung, Schulung und Überwachung von Versicherungsvertretern, die Festsetzung und Auszahlung der Provisionen sowie das Halten der Kontakte zu den Versicherungsvertretern.

Kurzbesprechung
BFH v. 3.8.2017 - V R 19/16

UStG § 4 Nr. 11

Streitig war, ob der Steuerpflichtige in den Streitjahren (2009 und 2010) durch den Aufbau eines Strukturvertriebes nach § 4 Nr. 11 UStG steuerfreie Umsätze als Versicherungsmakler ausgeführt hat oder ob seine Umsätze steuerpflichtig sind.

Nach § 4 Nr. 11 UStG sind die Umsätze aus der Tätigkeit als Bausparkassenvertreter, Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler befreit. Die Vorschrift dient der Umsetzung von Art. 135 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL. Danach befreien die Mitgliedstaaten Versicherungs- und Rückversicherungsumsätze einschließlich der dazu gehörenden Dienstleistungen, die von Versicherungsmaklern und -vertretern erbracht werden.

Ob diese Voraussetzung erfüllt ist, hängt vom Inhalt der in Rede stehenden Tätigkeiten ab. Dabei müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein:

• Zum einen muss der Dienstleistungserbringer sowohl mit dem Versicherer als auch mit dem Versicherten in Verbindung stehen. Diese Verbindung kann auch nur mittelbarer Natur sein, wenn der Dienstleistungserbringer ein Unterauftragnehmer des Versicherungsmaklers oder -vertreters ist.
• Zum anderen muss seine Tätigkeit wesentliche Aspekte der Versicherungsvermittlungstätigkeit, wie Kunden zu suchen und diese mit dem Versicherer zusammenzubringen, umfassen. Bei einem Unterauftragnehmer ist entscheidend, dass er am Abschluss von Versicherungsverträgen beteiligt ist.

Die typischerweise mit dem Aufbau und der Aufrechterhaltung eines Strukturvertriebes einhergehende Betreuung, Schulung und Überwachung von Versicherungsvertretern, die Festsetzung und Auszahlung der Provisionen sowie das Halten der Kontakte zu den Versicherungsvertretern gehört dagegen nicht zu den Tätigkeiten eines Versicherungsvertreters. Derartige Leistungen sind nur steuerfrei, wenn der Unternehmer durch Prüfung eines jeden Vertragsangebots mittelbar auf eine der Vertragsparteien einwirken kann, wobei auf die Möglichkeit, eine solche Prüfung im Einzelfall durchzuführen, abzustellen ist. Eine Steuerfreiheit für Leistungen, die keinen Bezug zu einzelnen Vermittlungsgeschäften aufweisen, sondern allenfalls dazu dienen, im Rahmen der Administration einer Vertriebsorganisation einen anderen Unternehmer, der Vermittlungsleistungen erbringt, zu unterstützen, besteht nicht.

Im Streitfall verneinte der BFH das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 11 UStG, da der Steuerpflichtige lediglich die Aufgabe hatte, durch direkte und indirekte Anwerbung von Versicherungsvertretern und Versicherungsmaklern für ein für den Auftraggeber zufriedenstellendes Gesamtvolumen an Versicherungen zu sorgen. Zu den einzelnen vermittelten Versicherungsverträgen hatte die Tätigkeit des Steuerpflichtigen keinen spezifischen und wesentlichen Bezug. Damit fehlte es an der erforderlichen Einwirkungsmöglichkeit des Steuerpflichtigen auf die einzelnen Versicherungsverträge.

BFH, Urteil vom 3.8.2017, V R 19/16, veröffentlicht am 4.10.2017.

Verlag Dr. Otto Schmidt